Ingo Hoddick

Essen: Slawophiles Orchesterfest

Die Essener Philharmoniker befassen sich im 3. Sinfoniekonzert intensiv mit Tschaikowsky

Rubrik: Bericht
erschienen in: das Orchester 02/2022 , Seite 51

Insgesamt drei Konzerte für Klavier und Orchester komponierte Peter I. Tschaikowsky. Das mit Abstand bekannteste ist das erste in b-Moll op. 23, denn es enthält die meisten Ohrwürmer. Seit es 1875 von Boston aus einen Siegeszug um die Welt antrat, hat es die beiden anderen Konzerte immer wieder in den Hintergrund gedrängt. Genau genommen zu Unrecht, denn Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 2 G-Dur op. 44 ist ebenso sorgfältig wie dankbar komponiert.
Schon die Uraufführung am 11. März 1881 in Moskau unter der musikalischen Leitung von Anton Rubinstein, mit dem Tschaikowsky-Schüler Sergei Tanejew am Klavier, wurde von Presse und Publikum durchaus freundlich aufgenommen. Bereits der erste Satz „Allegro brillante“ besticht durch seine ungewöhnliche Länge und thematische Vielfalt – nicht weniger als sechs verschiedene Ideen werden vorgestellt. Jedes neue Thema beginnt nach einer ungefähren Verdopplung der vorhergehenden Taktzahl. Das Orchester darf gleichberechtigt mit dem Solisten brillieren, bis dieser durch eine Kadenz von 130 Takten die Oberhand gewinnt.
Wenn auch Nikolai Rubinstein, dem das Werk gewidmet ist, bemängelte, „dass die Solostimme episodisch und meist in Dialog mit dem Orchester ist und zu wenig im Vordergrund über der Begleitung des Orchesters“, dann bezog er das wohl vor allem auf den zweiten Satz „Andante non troppo“. Hier wird das Klavier stellenweise selbst zur Begleitung – auch zweier weiterer Soloinstrumente, nämlich Violine und Violoncello. Dazu bildet der Finalsatz „Allegro con fuoco“ den denkbar größten Kontrast. In Rondoform folgen aufeinander verschiedenste russische Motive, unter anderem ein kosakisches Thema von hohem pianistischen Anspruch.
In früheren Zeiten wurde das eigentlich gut 40-minütige zweite Klavierkonzert von Tschaikowsky oft gekürzt und mit schnelleren Tempobezeichnungen versehen. Inzwischen aber hat sich die ungekürzte Originalfassung wieder durchgesetzt. Diese erklang prinzipiell auch im dritten Sinfoniekonzert der Saison 2021/22 der Essener Philharmoniker im November, es fehlten nur ganz wenige allzu redundante Takte.

 

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