Antonín Dvoˇrák

Slawische Rhapsodie D-Dur/g-Moll/As-Dur op. 45/1-3

Urtext, hg. von Robert Simon

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Prag
erschienen in: das Orchester 11/2019 , Seite 62

„Dvorˇák hat alles Mögliche geschrieben, Opern (böhmische), Sinfonien, Quartette, Klaviersachen. Jedenfalls ist er ein sehr talentvoller Mensch. Nebenbei arm! Und bitte ich das zu bedenken!“ Mit diesen Worten wandte sich am 12. Dezember 1877 Johannes Brahms an seinen Verleger Fritz Simrock, um ihm Antonín Dvořák zu empfehlen, von dessen Talent er überzeugt war.
Der aus der böhmischen Provinz des Habsburgerreichs stammende und noch weithin unbekannte Komponist ahnte zu diesem Zeitpunkt freilich noch nicht, zu welchem Weltruhm er es in den folgenden Jahrzehnten bringen würde. Der Beitrag von Brahms zu diesem steilen Aufstieg darf dabei keinesfalls unterschätzt werden. Neben der Empfehlung an seinen befreundeten Verleger setzte er sich auch in anderer Weise für den acht Jahre jüngeren Dvořák ein. Unter anderem gab er entscheidende Impulse für die Gewährung des österreichischen Staatsstipendiums für junge Künstler.
Ein mit der Person Dvořáks – und seines älteren Landsmannes Bedřich Smetana – eng verbundenes musikgeschichtliches Phänomen ist die Ausprägung einer tschechisch-nationalen Kunstmusik. Er wurde damit Teil einer Entwicklung, welche im Laufe des 19. Jahrhunderts in ganz Europa zu beobachten war: die Begründung von nationalen Schulen, wie man sie in Russland mit Michail Glinka oder in Norwegen mit Edvard Grieg verbindet. Dvořáks Slawische Rhapsodien weisen ebenso wie seine bekannten Slawischen Tänze eine starke Betonung folkloristischer Elemente auf und sind charakteristisch für das Schaffen des Meisters ab den späten 1870er Jahren.
Nachdem 2018 die Dirigierpartituren jeweils nebst Kritischem Bericht bei Bärenreiter erschienen sind, folgten nun auch die Studienpartituren der Slawischen Rhapsodien. Da die Studienpartituren auf den wissenschaftlich-kritischen Ausgaben beruhen, auf die hinsichtlich des Kritischen Berichts im Vorwort hingewiesen wird, spiegeln auch diese den aktuellen Forschungsstand wider und bieten somit eine größtmögliche Zuverlässigkeit.
Die fundierten Vorworte des Herausgebers Robert Simon, die den Ausgaben in drei Sprachen – Englisch, Tschechisch und Deutsch – beigegeben sind, vermitteln dem Nutzer zudem einen verlässlichen Einblick in die Werke und die verwendeten Quellen. Daneben werden auch Details aus Dvořáks Werdegang thematisiert, welche den erweiterten Entstehungskontext der Slawischen Rhapsodien erschließen. Unter anderem stützt sich Simon auf Briefe von Johannes Brahms und dem einflussreichen Wiener Musikkritiker Eduard Hanslick. Durch die Auswertung zeitgenössischer Werkrezensionen werden zudem auch Aspekte der Rezeption angesprochen.
Trotz des für eine Studienpartitur kleineren Formats besticht der Notensatz durch ein ausgesprochen scharfes und gut lesbares Druckbild, was zum einen die gewohnt hohe Qualität der Bärenreiter-Editionen unterstreicht und zum anderen eine bestmögliche Nutzerfreundlichkeit garantiert.
Bernd Wladika