Carl Christian Agthe

Sinfonien Nr. 4, 8 und 11/Flötenkonzert

Gabriele Zucker (Flöte), Mitteldeutsche Kammerphilharmonie, Ltg. Gerard Oskamp

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Mitteldeutsche Kammerphilharmonie (Bestellmöglichkeit: Tel. 03928/400429, E-Mail: karten@mkp-sbk.de)
erschienen in: das Orchester 07-08/2018 , Seite 65

Carl Christian Agthe, geboren 1762 in Hettstedt in der damaligen Grafschaft Mansfeld, scheint eine Art musikalisches Wunderkind gewesen zu sein. Jedenfalls war er bereits 14-jährig in Reval (Tallinn) als Musikdirektor der Hündelbergischen Theatergruppe engagiert, für die er auch Singspiele, eine Oper und andere Werke komponierte. 1782 wurde er zum Hoforganisten und -kapellmeister des Fürsten zu Anhalt-Bernburg in Ballenstedt bestellt, wo er weiterhin auch in den verschiedensten Genres komponierte und 1797 erst 35-jährig starb.
Von diesem heute so gut wie vergessenen Komponisten sind diverse Bühnenwerke, aber auch Lieder, Klaviersonaten, Sinfonien und Konzerte erhalten, und drei dieser Sinfonien sowie ein Flötenkonzert in G-Dur hat die in Schönebeck beheimatete Mitteldeutsche Kammerphilharmonie, Hausorchester des Salzlandkreises, nun verdienstvollerweise im Eigenverlag auf CD heraus­gebracht.
Dass dieser Komponist auch als „Mozart des Harzraumes“ bezeichnet wird, kann man auf den ersten Blick – gerade etwa in seinen Menuetten und langsamen, ariosen Sätzen – durchaus nachvollziehen. Hört man allerdings länger hin, wird deutlich, dass bei Agthe dann doch alles in sehr konventionellem Rahmen bleibt. Wo Mozart bei aller Lieblichkeit oft mit unerwarteten, manchmal gewagten Wendungen, mit dramatischen Einwürfen überrascht, bleibt es bei Agthe eben lieblich. Aber das muss für einen entspannungssuchenden Hörer ja nicht unbedingt einen Nachteil darstellen.
Die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie spielt diese Werke fließend, mit schönen Spannungslinien, dynamisch differenziert, mit klarer, der Epoche angemessener Phrasierung und deutlicher, relativ kurzer Artikulation. Trotzdem wirkt das Endergebnis eigentlich zu dick, zu undurchsichtig für die Musik. Das dürfte schlicht an einer für dieses Repertoire zu großen Besetzung (die im Booklet nicht weiter spezifiziert ist) liegen – denn ansonsten machen die Musiker unter Leitung von Gerard Oskamp eigentlich alles richtig. Kleine Unsauberkeiten hört man allerdings in den hohen Streichern, sowohl in hohen Lagen als auch beispielsweise bei kurzen Tupfern in der Tiefe, gerade an zarten, feinen Stellen, doch insgesamt ist die Intonation des Orchesters auf dieser Aufnahme nur zu loben.
Soloflötistin Gabriele Zucker erfreut mit hellem, schlankem Ton, der gut zu dieser Musik passt. Und auch wenn sie dem Agthe’schen Konzert mit einer etwas strafferen Phrasierung, einer Spur weniger Legato und kürzerer Artikulation vielleicht historisch-stilistisch gerechter geworden wäre, muss man doch feststellen, dass ihre Herangehensweise in ästhetischer Hinsicht nichts zu wünschen übrig lässt: Sie spielt wirklich schön und zeigt jedenfalls mit kleinen Verzierungen (die man sich freilich auch mal im Orchester hätte wünschen mögen) in Wiederholungen auch Bewusstsein für die Epoche, in der diese Musik entstanden ist.
Andrea Braun