Rosetti, Antonio
Sinfonias & Concertos
Christian Binde (Naturhorn), Annie Laflamme (Flöte), Compagnia di Punto
Schon einmal mit Kammermusik Rosettis begegnete uns die fabelhafte Compagnia di Punto (siehe die Besprechung in das Orchester 9/2013, S. 81). Fünf der Werke der aktuellen CD sind verdienstvollerweise Ersteinspielungen. Sie schließen Repertoirelücken und erlauben einen neuen Blick auf Rosettis beispielhafte Kompositionskunst.
Von drei Sinfonien überrascht die frühe in C-Dur A3 wieder einmal mit des Komponisten Gewohnheit, mit langen Einleitungen die Spannung bis zum echten Beginn zu steigern. Seine Neigung, den Formenkanon der Wiener Klassik mit ungewöhnlichen Einfällen aufzulockern, zeigt sich auch in den Sinfonien in F-Dur A35 und in G-Dur A41, die mit plötzlichen Pausen, abrupten kurzen Einschüben, unerwarteten Rhythmus-Akzenten, jähen dynamischen Gegensätzen, schnellen Dur-Moll-Wechseln und anderen Überraschungen fast unerschöpflichen Einfallsreichtum zeigen.
Die Flötenstimme der drei recht kurzen Sätze des G-Dur-Konzerts C24 schwebt wie ein Singvogel über der Orchesterbegleitung und wirkt, wie der Booklettext auch andeutet, wie eine liebevoll romantische Huldigung an die als engelhaft beschriebene 17-jährige Prinzessin, die Fürst Kraft Ernst von Oettingen-Wallerstein 1774 geheiratet hat; das Konzert entstand wohl in dieser Zeit.
Das d-Moll-Hornkonzert C39, eine selten gespielte Variante der bekannten Fassung Murray A38, dient dem Leiter des Ensembles, dem Naturhornisten Christian Binde, als willkommene Gelegenheit, in stupender Beherrschung des sperrigen Instruments mit fabelhafter Stopf- und meisterhafter Atemtechnik ein prächtiges Klangspektakel anzurichten. Es findet in einer langen Kadenz mit etlichen Denkpausen zu einem hochvirtuosen Höhepunkt, hält nach dem Endtriller statt des erwarteten Tuttieinsatzes abrupt wieder inne (was die Experimentierfreudigkeit des Komponisten zeigt) und lässt mit einer fantasievollen Klanggirlande im Piano den Tuttieinsatz wie ein Blitz im Fortissimo einschlagen. Die Rasanz des Finales wird immer wieder plötzlich innehaltend mit einer kleinen Kadenz im Piano unterbrochen, wonach die wilde Jagd weiter dahinstürmt, erneut behutsam virtuos kadenzierend unterbrochen, um in noch wilderem Tutti-Jagdjubel zu enden ein Meisterstück an begeistert nachfühlender Darstellung des Komponierten. Wer Rosettis manchmal fast skurrile Überraschungslust nicht kennt, kann sie hier erfahren!
Das auf historischen Instrumenten spielende Ensemble gestaltet seinen Part gleichermaßen fantasievoll und engagiert. Es kostet die extreme Spannweite zwischen entschlossenem Zupacken und filigraner Feinzeichnung packend aus. Doppeltes Lob für diese Neuerscheinung: für das Füllen letzter Repertoirelücken und für mitreißende Interpretationen durch begnadete Musiker.
Diether Steppuhn