Werke von Thuille, Poulenc und Françaix
Sextette
Margarita Höhenrieder (Klavier), Kammerharmonie der Sächsischen Staatskapelle Dresden
Werke für Bläserquintett und Klavier sind in der Kammermusik nicht allzu zahlreich vertreten. Sie entstanden nach der Etablierung der Gattung des Bläserquintetts durch Franz Danzi und Anton Reicha. Erstmals hat um 1850 die Französin Louise Farrenc zum Bläserquintett ein Klavier hinzugesellt. Zwischen den Jahren 1886 und 1888 hat dann der Südtiroler Ludwig Thuille (1861-1907) sein Sextett in B-Dur op. 6 geschrieben, das jetzt von den Solobläsern der sächsischen Staatskapelle Dresden und der Münchner Pianistin Margarita Höhenrieder eingespielt wurde. Es ist ein opulentes, stark zum sinfonischen Klang neigendes Werk, das dem der neudeutschen Schule anhängenden Komponisten gleichsam aus der Feder geflossen ist.
Der üppige Klavierpart und die Melodik sorgen im ersten Satz für einen leidenschaftlichen Ausdruck. Das Klavier hat kaum eine Ruhepause und drängt vorwärts, die Bläser müssen sich dagegen mit ihrem vielfältigen Motivspiel behaupten. Der zweite Satz gibt den Bläsern auch im Wechselspiel mit dem Klavier etwas mehr Raum. Stark kontrastiert der dritte Satz, der anstelle eines Scherzos auf die Gavotte zurückgreift und den Satz klanglich etwas aufhellt. Der Finalsatz kommt noch sehr gewichtig daher und zeigt einmal mehr die melodische Erfindungsgabe des Komponisten. Die Interpretation liegt bei den mit spätromantischer Musik bestens vertrauten Dresdner Bläsern und der Pianistin in besten Händen. Der Zuhörer gerät durch das intensive Spiel in den Sog der Musik des knapp halbstündigen Werks.
Francis Poulenc hat sich der gleichen Besetzung in seinem Sextett op. 100 zugewandt, das in den Jahren 1932 bis 1939 entstanden ist. Seine drei Sätze geben den Bläsern mehr Gelegenheit zur solistischen Darstellung. Im ersten Satz ist es der Fagottist Joachim Hans, im zweiten langsamen Satz der Oboist Bernd Schober, die beide ihre besonderen bläserischen Qualitäten erkennen lassen, während im Rondo neben dem schmetternden Hornklang von Robert Langbein in allen Bläserstimmen häufige Charakterwechsel stattfinden. Die Musiker gehen das Sextett Poulencs mit engagiertem und energischem Zugriff an, sodass das Schroffe der Musik sehr deutlich wird. Insgesamt fehlt aber etwas Leichtigkeit, das Hintergründige und die Zwischentöne, die den Reiz der Musik Poulencs ausmachen.
Das gelingt ihnen in Lheure du berger von Jean Françaix mit seinen drei anspielungsreichen Sätzen Les Vieux Beaux, Pin-up girls und Les petits nerveux um einiges besser, besonders wenn der Klarinettist Wolfram Große im zweiten Satz brilliert, während der Flötist Andreas Kissling durchweg als zurückhaltender Mitspieler agiert. Margarita Höhenrieder nimmt mit ihrem zupackenden Klavierspiel eine oft etwas zu dominante Rolle ein, die aber auch an der nicht ganz geglückten Aufnahmetechnik liegt, die das Klavier zu direkt aufgenommen hat und der Klangentfaltung des Ensembles zu wenig Raum gibt.
Heribert Haase