Beethoven, Ludwig van
Sextett Es-Dur op. 71/Marsch WoO 29
für Blasinstrumente, Urtext, hg. von Egon Voss
Ludwig van Beethoven komponierte sein Sextett op. 71 für zwei Klarinetten, zwei Fagotte und zwei Hörner wohl um das Jahr 1795. Dem ursprünglich dreisätzigen Werk fügte er kurz nach seiner Entstehung noch ein Menuett hinzu. Große Bedeutung maß Beethoven selbst dieser Komposition allerdings nicht bei; zu sehr war sie wohl für ihn mit dem Genre aristokratischer Unterhaltungsmusik verknüpft. Gleichwohl war dem Bonner Meister hier ein gefälliges und kurzweiliges Divertimento gelungen, in dem er die individuellen Klangfarben und Ausdrucksmöglichkeiten der verschiedenen Blasinstrumente effektvoll hervortreten ließ und nach dessen Uraufführung im Frühjahr 1805 der Rezensent der Allgemeinen Musikalischen Zeitung die schönen Melodien, den ungezwungenen Harmoniefluss und den Reichthum neuer und überraschender Ideen lobte. Beethoven überließ das Sextett kostenlos seinem Verleger Breitkopf & Härtel als Dank dafür, dass das Verlagshaus ihn immer wieder mit literarischen Neuerscheinungen versorgte.
Breitkopf druckte das Sextett 1810, und einiges spricht dafür, dass der Komponist diesen Druckvorgang betreut hat. So handelt es sich bei der Originalausgabe um einen Druck höchster Authentizität. Die nun im
G. Henle Verlag erschienene Neuausgabe ist gleichwohl zu begrüßen, da hier Widersprüche und offensichtliche kleine Fehler des Erstdrucks auf Grundlage der von Beethoven durchgesehenen Kopistenabschrift (aus dem Düsseldorfer Goethe-Museum) korrigiert wurden. Das Stimmenmaterial ist im Vergleich zur vor 200 Jahren entstandenen Originalausgabe in ein moderneres Notenbild übertragen; für diese bessere Lesbarkeit wird der ausführende Musiker gerne den Verlust der zugegebenermaßen charmanten Patina des Druckbildes der Originalausgabe in Kauf nehmen. Überdies enthält die Neuausgabe neben den originalen Hornstimmen in Es auch alternative Stimmen in F.
Herausgeber Egon Voss fügte der Neuedition noch einen schlichten Marsch Beethovens WoO 29 bei, der in der Berliner Staatsbibliothek als Klavier- und Bläsersextettfassung verwahrt wird. Bei dem kurzen Werk handelt es sich um die einzige weitere bekannte Komposition Beethovens für diese Besetzung, die wahrscheinlich auch sehr zeitnah zum Es-Dur-Sextett entstand. Eine Anmerkung im Autograf schlägt die Erweiterung um ein Trio in der Mitte Kanonenschuss vor, was auf die Intention einer Freiluftaufführung hindeutet. Mit einer Spieldauer von knapp drei Minuten und seinem heiter-leichten Charakter eignet sich dieser Bonus-Track bestens als Zugabe nach der Aufführung des Hauptwerks der Ausgabe.
Bernd Distelkamp