Casken, John
Serpents of Wisdom
for Horn in F and Piano, Partitur und Stimme
Der Titel Serpents of Wisdom stammt von einem Gedicht Celtic Cross von Norman MacCaig (1910-1996). Abstrakte Symbole früherer Zeiten, die verschlungen und geflochten in Stein gemeißelt waren, werden hier lebendig. Die umwundenen Reliefs der Weisheit sind kühle Aussagen, die durch ihre Empathie Liebe vermitteln. Der aufgewickelte Serpent ähnelt der Bauweise des Horns und wird somit in diesem Werk für Horn und Klavier von John Casken (geb. 1949) mit dem Instrument in Verbindung gebracht. Die strahlende und kräftige Anfangsphrase wird von beiden Instrumenten unisono vorgetragen und während des Stücks immer wieder zitiert und bearbeitet. Sie spiegelt das edle Wesen dieser Grabstein-Kreaturen wider. Die Begriffe im Notentext wie Entwined, Hymn-like, Heraldic und Vigorous sind passende Ausdrücke zu dieser Thematik.
Die Hornstimme beinhaltet Naturtöne (z.B. Takte 17 f., 83 f. und 87 f.), die ohne Intonationskorrektur gespielt werden sollen. Außer einzelnen gestopften Tönen und gedämpften Stellen verzichtet der Komponist auf erweiterte Spieltechniken für das Horn, wie zum Beispiel Flatterzunge. Die Klavierstimme ist dem Horn gleichwertig und ermöglicht das Zusammenspiel im Dialog. Die Musik wechselt zwischen getragenen Linien und virtuoser Schnelligkeit. Das Werk hat eine Spieldauer von rund elf Minuten.
Serpents of Wisdom ist eine Auftragskomposition von BBC Radio 3 und die Royal Philharmonic Society als Teil des New Generation Artists Scheme, gegründet 1999, um junge Musiktalente zu fördern.
Uraufgeführt wurde Serpents of Wisdom von Alec Frank-Gemmil (Horn) und Alasdair Beatson (Klavier) in Wigmore Hall in London. Der Aufführungsort ist berühmt für seine modernen Musikreihen, in denen zeitgenössischen Komponisten ein Forum geboten wird.
John Casken, Professor Emeritus von der University of Manchester, wurde unter anderem von Witold Lutoslawski stark beeinflusst. Er ist einer der berühmtesten Komponisten in Großbritannien und wurde für seine Musik mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt. Seine Werke reichen von Kammermusik bis zur Musik für großes Orchester sowie von Vokal- und Chormusik bis zur Oper. Er benutzt Elemente des Expressionismus und der lyrischen Atonalität sowie der freien Tonalität. Legende und Literatur sowie Malerei sind in seinen Werken immer wieder von Bedeutung.
Mit Celtic Cross als Vorbild setzt John Casken in Serpents of Wisdom für Horn und Klavier seinen legendenhaften Kompositionsstil fort. Der sentimentalen Melancholie wird rastlose Wildheit der Natur gegenübergestellt. Somit bietet dieses Stück dem Horn sowie dem Klavier die Möglichkeit, sanfte Töne und stürmisch bewegte Musik gegensätzlich zu realisieren.
Thomas Swartman