Wolfgang Amadeus Mozart

Serenades

Mozarteumorchester Salzburg, Ltg. Roberto Gonzáles-Monjas

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Berlin Classics
erschienen in: das Orchester 04/2024 , Seite 75

Kritiken über Unterhaltungs-musik sind eigentlich sinnlos. Wen interessieren schon schwammige Timbres von Schlagersänger:innen oder süßliche Trompetenstimmen einer Salonorchestersolistin? Was dem Amüsement dient, ist bar jeder Kritik, und dem Tanzbein ist die besondere Klasse oder Nichtklasse der Musik auch letztlich egal. Man könnte sagen: Wo der Bauch – manche sprechen von noch tiefer gelegenen Körperteilen – mitredet, ist die Kunst außen vor. Es sei denn, es steht Mozart drauf.
Aber sind Mozarts Serenaden, für bestimmte Zwecke geschrieben, die Geld einbrachten oder zumindest versprachen, nun wirkliche Mozart-„Werke“, denen man sich widmet, weil die musikalische Kunst interessiert? An einem lauen Sommerabend, im Park gespielt bei einem Glas Wein und mediterranen Häppchen, da lässt man sich das gern gefallen. Aber als CD an dunklen Herbst- und Winterabenden?
Das Mozarteumorchester Salzburg unter dem spanischen Geiger und Dirigenten Roberto Gonzáles-Monjas stellt Musik vor, die der Unterhaltung diente, aber freilich weit über diese hinausweist. Die Serenata Notturna (KV 239) entstand im Januar 1776 wohl für die Karnevalssaison im fürsterz-
bischöfischen Residenzschloss zu Salzburg: Zwei Gruppen stehen sich dabei gegenüber, eine verlangt hohes Können der solistischen Musiker, die andere beschränkt sich auf einfachere musikalische Voraussetzungen. So entstehen reizvolle Dialoge und frische konzertante Momente, obwohl hier nur Streicher und Pauken Verwendung finden.
Die früher entstandene Serenata Colloredo (Nr. 4 in D-Dur, KV 203/189c) ist zusätzlich mit Bläsern besetzt und verlangt auch einen ausgewachsenen Violinvirtuosen. Sie wurde für die Abschlussfeier der Universität geschrieben, die mit einem Marsch zum Bischofspalast verbunden war: Daher ist sie pompöser und lauter als die später entstandene. Kunstvoll verwebt Mozart hier Elemente von Solokonzert mit beinah theatralisch wirkenden Episoden, die eine bemerkenswerte Reichhaltigkeit der musikalischen Mittel aufweisen: Langweilig wird diese „Unterhaltungsmusik“ jedenfalls nie.
Hier nun kommt auch das besondere Können der ausführenden Musiker ins Spiel: Historisch bestens informiert musiziert das Mozarteumorchester nuanciert und draufgängerisch gleichermaßen. Der 35-jährige spanische Geiger Roberto Gonzáles-Monjas, der am Mozarteum Salzburg und in London studierte, ist unter anderem stark von Reinhard Goebel beeinflusst, weiß im integrierten Violinkonzert melodische Linien aber durchaus auch gesanglich zu gestalten. So evoziert diese Musik auch in der kalten Jahreszeit die angenehme Atmosphäre lichterer und wärmerer Monate und ist gerade jetzt von großem Wert.
Matthias Roth