Tchaikowsky, Peter
Sérénade mélancolique / Variations on a Rococo Theme / Souvenir d’un lieu cher / Souvenir de Florence
Jan Vogler (Violoncello), hr-Sinfonieorchester, Moritzburg Festival Ensemble, Ltg. Andrés Orozco-Estrada
Jan Vogler, Intendant der Dresdner Musikfestspiele sowie Künstlerischer Leiter des Moritzburg Festivals, ist als leidenschaftlicher Cellist und Kenner des Klassikrepertoirs bekannt geworden. Zusammen mit dem durchsichtig musizierenden hr-Sinfonieorchester unter der Leitung des Chefdirigenten Andrés Orozco-Estrada interpretiert er zunächst in einem eigenen Arrangement die Sérénade mélancolique in b-Moll von Peter Tschaikowsky, wobei die französischen und italienischen Einflüsse präzis herausgearbeitet werden. Bis in kleinste Melodiewendungen hinein besitzt sein Spiel eine erstaunliche Frische und Lebendigkeit, die sich immer mehr zuspitzt. Auch die berühmte russische Seele kommt nicht zu kurz wenn auch in abgeschwächter Form. Eine ekstatische Verlorenheit an das Gefühl macht sich hier breit, die Tschaikowskys Werk sehr gut gerecht wird. Jan Vogler vermeidet jedoch klug Anklänge an das barbarisch Enthemmte und die wonnevoll genossene Ausweglosigkeit des Nihilismus.
Ein glühendes Aufbegehren gegen das Schicksal wird typisch für Peter Tschaikowsky aber bei den bekannten Rokoko-Variationen op. 33 in a-Moll deutlich. Das zierliche Thema entfaltet sich dabei zunächst in zwei großen, frei geführten Variationen. Die Ausdruckskraft der langsamen Variation trifft der Cellist sehr genau zarte Kantilenen bringen die Harmonik zum Blühen. Die Mollvariante führt bei dieser Wiedergabe zu einer brillanten und packend musizierten Coda. Jan Vogler hat sich bei der vorliegenden Aufnahme für eine eigene Fassung des Werks entschieden, nämlich eine facettenreiche Kombination zwischen Urfassung und der Version des Cellisten Wilhelm Fitzenhagen. Die in der Fitzenhagen-Version gestrichene letzte Variation ist hier als Variation IIIb eingefügt. Die Wiedergabe Voglers zusammen mit dem hr-Sinfonieorchester Frankfurt am Main vermeidet glücklicherweise rohe Kraft und vordergründige Virtuosität. Stattdessen besitzt sie eine eher nostalgische Aura.
Ein weiteres Schmuckstück dieser Aufnahme ist die klare Wiedergabe des Streichsextetts op. 70 in d-Moll: Souvenir de Florence. Hohe Ausdrucksintensität und reife Melodik halten sich hier die Waage. Auch die Nähe zur in der gleichen Zeit entstandenen Oper Pique Dame ist deutlich herauszuhören. Gewitzt arbeitet Jan Vogler die folkloristischen Italien-Zitate heraus. Dabei begleitet ihn das vor Temperament und Esprit nur so sprühende Moritzburg Festival Ensemble rasant und einfühlsam zugleich. Als akustische Tschaikowsky-Perle erweist sich zudem das klangfarbenreich musizierte Souvenir dun lieu cher Nr. 1 (Meditation) für Cello und Orchester op. 42.
Akustisch ist die Aufnahme gut, könnte aber auch noch größere Weiträumigkeit vertragen.
Alexander Walther