Peter I. Tschaikowsky

Serenade C-Dur op. 48 für Streichorchester, Urtext

hg. von Dominik Rahmer, mit Vorwort von Alexander Komarov, ­Partitur/Stimmensatz/Studienpartitur

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: G. Henle, München
erschienen in: das Orchester 12/2024 , Seite 68

Zu den herausragenden Originalkompositionen für Streichorchester gehört neben denen von Dvořák, Suk, Elgar, Bartók, Britten et al. die Serenade op. 48 von Tschaikowsky. Sie wurde im Herbst 1880 komponiert, rasch erfolgreich, vom Komponisten – auch reduziert auf die Mittelsätze – wiederholt dirigiert und durch Georges Balanchine ins Ballett-Repertoire aufgenommen. Intendiert als Reverenz an seinen Lieblingskomponisten Mozart, enthält sie keine Stilkopien. Eine eröffnende Intrada beendet zugleich den Kopfsatz und bildet eine Klammer zum Finale. Die Sonatinenform des ersten Satzes ist überraschend angelegt, zwei abgegrenzte Themenfelder enthalten Elemente einer Durchführung, ein Mittelteil fehlt. Der graziöse, italienisches Flair atmende Walzer ist auch als Einzelsatz äußerst populär. In der Elegia kombiniert Tschaikowsky einen Klagegesang mit einem expressiven Zwiegespräch zwischen Violinen und Celli. Das Finale basiert auf zwei russischen Volksliedern, es stellt technisch hohe Anforderungen an die Ausführenden. Die Vielfalt in Stilistik, Formen, historischen und geografischen Bezugsfeldern sowie im Ausdruck sind exemplarisch für diesen Komponisten, ebenso seine plastische Instrumentation.
Von Tschaikowskys Hand existiert ein Autograf der Partitur sowie eine Fassung für Klavier vierhändig. Partitur und Stimmen erschienen 1881 in Moskau im Verlag Jurgenson. Der Hamburger Verleger Daniel Rather publizierte 1888 eine revidierte Neuausgabe, die Tschaikowsky auf dessen Anfrage hin erstellt hatte. Diese liegt der vorliegenden Urtext-Ausgabe zugrunde. Zugleich wurde ein präziser Abgleich mit den Autografen, Erstauflagen und weiteren Titelauflagen vorgenommen, in einem kritischen Apparat stellt der Herausgeber Dominik Rahmer Unterschiede bzgl. Angaben, Bezeichnungen und Lesarten dar (dt., engl.). Einige die Ausführung betreffende Fragen (wie z.B. wie die Tempowahl in der Coda der Elegia oder das Entfernen der Sordini im Schlusssatz) werden nicht thematisiert. In einem kürzeren instruktiven Vorwort informiert der Tschaikowsky-Forscher Alexander Komarov über die Entstehungs-, Publikations- und Rezeptionsgeschichte der Streicherserenade (dt., engl., frz.).
Diese Urtextausgabe bildet eine sehr verlässliche Grundlage für das Einstudieren und den Vortrag dieses wichtigen Werks der Streicherliteratur. Bei der Seitenformatierung der Stimmen wird die Möglichkeit günstigen Umblätterns berücksichtigt. Hervorzuheben ist, dass neben der Dirigierpartitur zugleich eine Studienpartitur erschienen ist.
Christian Kuntze-Krakau