Péter Eötvös
Sentimental
für Kornett in Es und Flügelhorn in B (1 Spieler), Einzelausgabe
Mit diesem Werk zeigt Péter Eötvös (*1944) seine Zuneigung zur Jazzmusik. Er wendet sich von seinem avantgardistischen Kompositionsstil ab und komponiert ein sentimentales Stück für einen Solobläser. Als Vorbild nimmt sich der ungarische Komponist den Jazztrompeter Clark Terry. Schon in den 1960er Jahren hat Terry abwechselnd auf dem Flügelhorn und einer kompakt gebauten Trompete mit häufigen Rohrwindungen, einer Taschentrompete, gespielt.
Sentimental ist für zwei Instrumente komponiert, wird aber von nur einem Solospieler vorgetragen. Der Musiker muss ständig zwischen Kornett in Es und Flügelhorn in B wechseln. Vergleichbar wäre, wenn ein Geiger zwischen Violine und Violoncello wechseln müsste!
Durch ihren weichen, samtigen Ton passen beide Instrumente gut zueinander und geben den sentimentalen Charakter des Stücks wieder. Mit 127 Takten und einer Spieldauer von ca. sieben Minuten ist das Stück nicht sehr lang, aber durch die unterschiedlichen Klangfarben der Instrumente sehr abwechslungsreich. Viele Elemente aus dem Jazzbereich werden verlangt, wie zum Beispiel Vibratospiel oder Effekte mit halbgedrückten Ventilen. Die sanften Bluespassagen verleihen dem Stück eine gefühlvolle Stimmung.
Mit Snatches of a Conversation (2001) hat Eötvös bereits ein experimentelles Stück für Trompete geschrieben; es ist Marco Blaauw (geb. 1965), Trompetensolist und Mitglied des in Köln ansässigen Ensemble Musikfabrik, gewidmet. Sentimental wurde am 4. Oktober 2017 in der Concertgebouw-Recital-Hall in Amsterdam von Tamás Pálfalvi uraufgeführt.
Obwohl es nicht explizit im Notentext steht, spielt das Kornett in Es und klingt dadurch eine Terz höher als notiert. Das Flügelhorn ist in B und klingt einen Ton tiefer als notiert. Dadurch entsteht ein großer Tonlagenunterschied zwischen den Instrumenten. Beide Instumente müssen gleichzeitig gehalten werden und der Bläser muss mit beiden Händen, links und rechts, gekonnt greifen können. Während das Flügelhorn überwiegend tief spielt, muss das Kornett teilweise sehr hoch, bis zum klingenden ges”’ spielen.
Sentimental beginnt mit einer Solopassage für Kornett, gefolgt von einer Passage des Flügelhorns und wiederum vom Kornett. Danach muss der Spieler beide Instrumente gleichzeitig nehmen und schnell hin und her wechseln. Die tiefere Flügelhornstimme ist meistens getragen und ruhig. Im Gegensatz dazu spielt das Kornett oft mit scharfen Akzenten und mit gestochener Brillianz.
Vom Interpreten wird ein gut entwickeltes technisches Können auf beiden Instrumenten verlangt. Triller, Flatterzunge und Glissandi mit halb gedrückten Ventilen benötigen eine fortgeschrittene Spielpraxis. Das Vorwort von Péter Eötvös ist auf Deutsch, Englisch und Französisch wiedergegeben.
Für fortgeschrittene Studenten und professionelle Musiker ist das Stück auf jeden Fall empfehlenswert und kann als besonderes Wettbewerbsstück dienen.
Thomas Swartman