Carl Friedrich Abel

Sechs Quartette Op. XII

für Violine/Flöte, Violine, Viola und Violoncello, Partitur/Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Güntersberg
erschienen in: das Orchester 07-08/2019 , Seite 65

Kein Geringerer als Wolfgang Amadé Mozart schätzte Carl Friedrich Abel als Gambisten – damals der letzte seiner Zunft – und als Komponisten gleichermaßen. Immerhin schrieb er als Jugendlicher in London dessen Sinfonie in Es op. 7 Nr. 6 in sein Skizzenbuch, die lange Zeit als seine Sinfonie (KV 18) galt. Abel komponierte für die zusammen mit Johann Christian Bach initiierten Londoner Abend-Konzerte zahlreiche Werke. Wohl auch jene als „Flötenquartette“ bekannten Sechs Quartette op. 12, die nun für den praktischen Gebrauch neu vorliegen.

Der Name entstand deshalb, weil die erste Stimme – mit Ausnahme des fünften Quartetts – wegen des Tonumfangs mit geringfügigen Oktavierungen auch von einer Flöte (oder Oboe) gespielt werden kann, die außerdem im Druck alternativ notiert ist. Wann allerdings diese Quartette komponiert wurden, ist nicht klar. Jedoch waren sie bereits zu Abels Lebzeiten so bekannt, dass immerhin drei verschiedene Verlage aus London, Berlin und Paris diese feilboten. Ferner zählten Günter und Leonore von Zadow, die als Herausgeber beim Heidelberger Verlag Güntersberg verantwortlich zeichnen, im zweisprachigen Vorwort insgesamt 38 überlieferte Abschriften auf, die wiederum auf genannte Drucke zurückzuführen sind.

Vorliegende Ausgabe basiere auf dem in Berlin und Amsterdam veröffentlichten „Hummeldruck“, weil dieser „am konsequentesten bezeichnet“ sei. Die durchweg dreisätzigen Quartette – allesamt in Dur – zeichnen sich durch eine gewisse Frische und Leichtigkeit, durch süffige und eingängige, nicht schwierig zu spielende Melodik und unbeschwerte Harmonik aus – und vor allem durch keine Langweile erzeugende Kürze: alles Zeichen dieser „galanten Epoche“ des Rokoko.

Die noch vorhandenen Generalbassbezeichnungen, die auch Joseph Haydn und Mozart in ihren frühen Sinfonien notierten, sind Überbleibsel des Barock, von dem man sich langsam emanzipierte. Sie vermitteln den Quartetten wegen der kompakten Harmonik einen Hauch harmonischer Sicherheit und Vertrautheit. Trotzdem sind aber auch deutlich „moderne“ Kompositionstechniken wie „durch­brochene Arbeit“ erkennbar, in denen unter anderem jede Stimme relativ gleichberechtigt ist, ohne dass die Primstimme, wie so oft, die alleinige Melodieherrschaft besitzt.

Partitur und Stimmen erfüllen die üblichen hohen Standards heutiger Ansprüche an Übersichtlichkeit, Einteilung der Seiten, hier ohne Leerseiten wegen der Kürze der Sätze, und bester Lesbarkeit. Herausgeberzutaten wie Legato­bögen sind gestrichelt kenntlich gemacht und dynamische Zeichen in Klammern wiedergegeben. Auf einen kritischen Bericht mit minutiös aufgezählten Einzelanmerkungen wurde verzichtet und soll einer wissenschaftlichen Ausgabe – soweit vorgesehen – vorbehalten bleiben. Die Ausgabe ist eine anregende Aufforderung, den Komponisten Carl Friedrich Abel neu zu entdecken und an der hohen Musizierfreude der damaligen Zeiten teilzuhaben.

Werner Bodendorff