Carl Friedrich Abel

Sechs Preußische Sinfonien Nr. 1-3/Nr. 4-6

hg. von Günter von Zadow, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Güntersberg, Heidelberg 2021
erschienen in: das Orchester 11/2021 , Seite 72

In der Musikgeschichte ist Carl Friedrich Abel ein fester Begriff. Allerdings weniger wegen seiner Kompositionen, sondern vielmehr als Organisator der Bach-Abel-Konzerte in London, der „Mutter“ der modernen öffentlichen Abonnements-Konzerte. Bach ist hier der jüngste Bach-Sohn Johann Christian; bei dessen Vater Johann Sebastian war wiederum Abels Vater in Köthen als Gambist in der Hofkapelle tätig. Abel und Johann Christian Bach trafen in London dann auch auf den jungen Wolfgang Amadeus Mozart, der eine Abel-Sinfonie kopierte, die lange für ein Werk des jungen Salzburgers gehalten wurde.
Abel also ein Musiker zwischen Barock und Klassik? Der Autor des Vorworts der vorliegenden Ausgabe, Michael O’Loghlin, weist in seinem instruktiven und erfreulich allgemeinverständlichen Vorwort mit Recht darauf hin, dass diese Epochenbegriffe erst aus späteren Zeiten stammen und man damals garantiert nicht so gedacht hat. Abel ist mithin kein Komponist zwischen den Zeiten, sondern ein Meister des galanten Stils, der in der Kammermusik für sein Instrument, die Gambe, sehr intim und empfindsam schrieb, bei der Orchestermusik für seine öffentlichen Konzerte dagegen vor allem auf Glanz und Fasslichkeit Wert legte. In den langsamen Sätzen aber konnte er auch hier gefühlvoll werden.
Während die Sinfonien seines Kompagnons Bach heute immer wieder einmal in Konzerten gespielt werden, sieht es bei Abel nicht so gut aus. Dabei hätten es gerade auch die hier edierten Spätwerke, die Preußischen Sinfonien (fünf „echte“ Sinfonien und eine Sinfonia Concertante für Oboe, Violine und Violoncello), verdient, mehr Beachtung zu finden. Die Ausgabe von Günter von Zadow ist dafür gut geeignet. Sie ist leicht lesbar und in der Praxis gut zu benutzen, aber auch ansprechend gestaltet. Wie das erwähnte Vorwort, so ist auch der Kritische Bericht schnörkellos und mit seinen Notenbeispielen und einigen Faksimiles gut nachzuverfolgen.
Im Unterschied zu allen anderen Sinfonien Abels wurden diese sechs zu Lebzeiten des Komponisten nicht gedruckt. Überliefert sind sie handschriftlich in der Königlichen Hofbibliothek in Berlin, denn 1782 weilte Abel am preußischen Hof und spielte vor Kronprinz Friedrich Wilhelm, ehe er wieder nach London zurückkehrte. Es gibt zu den „echten“ Sinfonien die Stimmen aus London (darunter zwei Oboenstimmen aus Abels eigener Hand) sowie zusätzliche Stimmen, die in Berlin entstanden, wo auch die erhaltenen Stimmen der Sinfonia Concertante angefertigt wurden. Die Ausgabe gibt den Londoner Stimmen dabei den Vorrang.
Eine aparte Situation ergibt sich, wie im Vorwort erläutert wird, bei den Hornstimmen zur 2. Preußischen Sinfonie. Hier konzertieren im Andantino eine Oboe und ein Horn. Es gibt drei Hornstimmen, zwei für die weniger anspruchsvollen Aufgaben in den Ecksätzen und eine eigene für das Solo im zweiten Satz, das wohl ein besonders befähigter Hornist übernahm.
Es ist zu wünschen, dass durch diese Ausgabe das Interesse an Abel und an diesen Werken deutlich befördert wird.
Karl Georg Berg