Gluck, Christoph Willibald

Sechs Bearbeitungen für Harmoniemusik

nach Arien aus den Opern "Die Pilger von Mekka" und "Alceste" für 2 Oboen, 2 Englischhörner (alternativ 2 Klarinetten), 2 Hörner, 2 Fagotte, eingerichtet von Johann Went, hg. von Gerhard Croll / Thomas Hauschka, Partitur und 10 Einzelstimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Molinari, Regensburg 2014
erschienen in: das Orchester 01/2015 , Seite 71

„Bis Sonntag acht tag muß meine opera auf die harmonie gesetzt seyn – sonst kommt mir einer bevor – und hat anstatt meiner den Profit davon; […] sie glauben nicht, wie schwer es ist so was auf die harmonie zu setzen – daß es den blaßinstrumenten eigen ist, und doch dabey nichts von der Wirkung verloren geht“, schrieb Wolfgang Amadeus Mozart im Juli 1782 an seinen Vater. Einer, der Mozart oft mit der Produktion von Harmoniemusiken seiner Opern „zuvor kam“ und sich – nicht zuletzt wegen seiner Erfahrungen als zweiter Oboist im Wiener Burgtheater – darauf bestens verstand, Opern „auf die harmonie zu setzen“, war der böhmische Komponist Johann Nepomuk Wendt (auch Went, tschechisch Vent). Der rührige Zeitgenosse Mozarts hat im Laufe seines Lebens nicht weniger als 73 Opern verschiedener Komponisten für Bläserensemble bearbeitet, sodass die größten Hits der Zeit schon bald nach ihrer Entstehung auch ohne aufwendiges Orchester an den Adelshöfen bei Abendgesellschaften und in Konzerten erklingen konnten.
Neben der Anstellung am k.k. Theater Nächst der Burg wirkte Wendt auch als Englischhornist in den Harmoniemusiken des Fürsten zu Schwarzenberg. Für diesen Dienstherrn bearbeitete er wahrscheinlich die sechs Arien aus Opern Christoph Willibald Glucks, die Gerhard Croll und Thomas Hauschka nun im Schwarzenberg-Archiv Böhmisch Krumau auffanden und edierten. Wenngleich der Urheber dieser Bearbeitungen nirgends namentlich verzeichnet ist, so kommen die Herausgeber nach ihren wissenschaftlichen Untersuchungen im Vorwort der Ausgabe zu dem nachvollziehbaren und wirklich naheliegenden Schluss, dass Wendt der Schöpfer dieser gekonnt gemachten Arrangements sein dürfte.
Fünf Arien aus der Opéra Comique Die Pilger von Mekka sowie „Non vi turbate…“ aus der Tragedia per Musica Alceste wurden in einem Band der Edition Molinari zu einem abwechslungsreichen, unterhaltsamen Divertimento zusammengefasst. Die einzelnen Stimmen sind instrumentengerecht gesetzt, ohne allzu große technische Anforderungen, was hier und da sicherlich Raum für Auszierungen lässt. Neben je zwei Oboen, Hörnern und Fagotten finden sich in der Originalpartitur zwei Englischhörner, womit Wendt einer geschmacklichen Vorliebe seines Dienstherrn Rechnung trug. Diese Englischhorn-Stimmen sind der Molinari-Ausgabe parallel als Klarinetten-Bearbeitungen (in B) beigegeben, sodass die reizvolle Sammlung auch von einem konventionell besetzten Oktett ohne große Mühe ausgeführt werden kann. Am Ende des Partitur-Bandes finden sich ein ausführlicher Editionsbericht zu jedem einzelnen Satz sowie die Arientexte.
Zum Gluck-Jubiläumsjahr (300. Geburtstag) erscheint mit dieser Ausgabe eine sinnige Hommage an den großen Reformer des Musiktheaters. Auch wenn das gesungene Wort, das Gluck, „der Hohepriester der musikalischen Tragödie“ (Eduard Hanslick), so fundamental zum Kernpunkt seiner musikalischen Ideen machte, in der Harmoniemusik gar nicht erklingt, so verblüffen die Arien aus den heiteren Pilgern von Mekka und der hochdramatischen Alceste auch in ihrer instrumentalen Bearbeitung durch melodische Beredtheit und musikalische Eloquenz.
Bernd Distelkamp

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