Giacomo Puccini

Scherzo SC 34/ Trio in Fa SC 52

für Ottavino, 2 Flauti, 2 Oboi, 2 Clarinetti, 2 Fagotti, 4 Corni, 2 Trombe, 3 Tromboni, Oficleide, Timpani, 2 Violini, Viola, Violoncello e Contrabbasso, Erstausgaben, orchestriert (Trio, T. 13–61) und hg. von Virgilio Bernardoni, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Carus
erschienen in: das Orchester 07-08/2019 , Seite 65

Der breiten Öffentlichkeit dürfte Giacomo Puccini in erster Linie als Komponist seiner meisterhaften Opern wie Madama Butterfly oder Tosca bekannt sein. Seine Instrumental- und Vokalmusik, welche in der bei Carus erscheinenden Puccini-Gesamtausgabe mehrere Bände füllt, steht dabei gänzlich im Schatten der Bühnenwerke.

Somit verhält es sich bei Puccini ganz ähnlich wie bei anderen berühmten Opernkomponisten des langen 19. Jahrhunderts wie Donizetti, Rossini oder Verdi, deren ­instrumentale oder vokale Werke wenig bekannt oder sogar gänzlich vergessen sind. Auch bei Richard Wagner dürfte nur den wenigsten vertraut sein, dass im Œuvre des großen Musikdramatikers Klaviersonaten und Sinfonien zu finden sind.

Die vorliegende Ausgabe basiert auf Band II.1 (Orchesterwerke) der Edizione Nazionale delle Opere musicali di Giacomo Puccini. Während bis 2014 das Scherzo nur in einer Fassung für Streicher bekannt war und das Trio-Fragment (vollständig orchestriert liegen von Puccini nur die Takte 1–12 vor) von diesem getrennt betrachtet wurde, konnte durch die Auswertung von neu entdeckten Quellen zum einen die Zugehörigkeit des Trios zum Scherzo belegt, zum anderen das Scherzo als Orchesterwerk rekons­truiert werden. Damit repräsentiert die vorliegende Ausgabe zugleich aktuelle Erkenntnisse aus der Puc­cini-Forschung. Entstanden ist das Werk 1882/83 während Puccinis letztem Studienjahr am Mailänder Konservatorium, sodass es sich um ein Studienwerk handelt. Mit seiner formalen Gliederung Scherzo-Trio-Scherzo entspricht es dem Tanzsatz aus der klassischen Sinfonie, wo das Scherzo zu Beginn des 19. Jahrhunderts an die Stelle des Menuetts trat. Somit kann das Werk als Indiz für Puccinis Auseinandersetzung mit klassischen Vorbildern und Formen angesehen werden.

Durch die Quellenstudien konnte einerseits das Werk in seinem Umfang rekonstruiert werden, andererseits wurde auch deutlich, dass es sich um keine vollendete Komposition Puccinis handelt. Für die Edition wurden die Takte 13 bis 61 des Trios durch den Herausgeber Virgilio Bernardoni unter Heranziehung der originalen Partiturskizze orchesteriert. Im Notentext sind die Ergänzungen des Herausgebers durch Fußnoten gekennzeichnet. Vor dem Hintergrund, dass die vorliegende Partiturausgabe als Aufführungsmaterial vorgesehen ist, fallen die Ausführungen zu musikphilologischen Fragen recht knapp aus. Jedoch wird im Vorwort der Ausgabe auf das umfangreiche Vorwort und den Kritischen Bericht im Band II.1 der Gesamtausgabe verwiesen, was dem interessierten Nutzer der Partitur die Möglichkeit bietet, vertiefende Informationen einzuholen.

Insgesamt bietet die vorliegende Ausgabe des Scherzos/Trios die Möglichkeit, den großen Opernkomponisten Puccini aus einer anderen Perspektive zu entdecken.

Bernd Wladika