Werke von Benno Uhlfelder, Maurice Jaubert, Vítezslava Kaprálová und anderen

Schattenrisse

Orchesterwerke verfemter Kom­ponisten. Sofja Gülbadamova ­(Klavier), Mitteldeutsche Kammerphilharmonie Schönebeck, Ltg. Jan Michael Horstmann

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Querstand
erschienen in: das Orchester 1/2022 , Seite 76

Mit ihrem äußeren Erscheinungsbild als Hardcover-Buch unterscheidet sich die vorliegende, zwei CDs umfassende Einspielung mit „Orchesterwerken verfemter Komponisten“ deutlich vom Look üblicher CD-Cover. So verschieden wie die vorliegend eingespielten Komponisten auch sind, es verbindet sie ein gemeinsames biografisches Detail: Allesamt waren sie ­politischen Repressalien ausgesetzt, welche sie in der Ausübung ihrer Kunst behinderten und – noch schlimmer – sie zum Teil um ihre Freiheit und ihr Leben fürchten ­ließen.
Die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie Schönebeck unter der Leitung von Jan Michael Horstmann beeindruckt mit ihrem ausgesprochen leichten Zugang zu den stilistisch verschiedenartigen Werken. So werden in Sangre Torera (Spanische Fantasie) von Benno Uhlfelder – eine, wie es im Booklettext heißt, „zwischen Walzer und Polka, zwischen sentimentalen Adagios und wilden Stierkampf-Szenen changierende Komposition“ – folkloristische Färbungen gepaart mit teils feurigen und teils stimmungsvoll lyrischen Passagen authentisch und gefühlvoll zum Erklingen gebracht. Eine ganz andere Klangwelt eröffnet sich in Darius Milhauds Le Carnaval de Londres op. 172. Horstmann gelingt es, mit dem Orchester den einzigartigen Personalstil Milhauds – mit dessen stilistischer Vielfalt von zart anmutender Kantabilität über barock gefärbte Klänge bis hin zu südamerikanischem Kolorit – eindrucksvoll herauszuarbeiten. Niemals aufdringlich, aber durchaus pointiert widmet sich das Orchester den charakterlich sehr heterogenen Miniaturen. Das Orchester besticht unter Horstmanns Leitung gleichermaßen mit seiner ausgesprochen hohen Präzision, ohne dabei aber die für eine gelungene Interpretation nötigen agogischen und dynamischen Nuancen aus den Augen zu verlieren.
Auch in der durch Jazz-Klänge geprägten Suite für Klavier, Streicher und Schlagzeug von Alexander Naumowitsch „Bob“ Tsfasman beweisen die Musiker der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie die sichere Beherrschung stilistischer Vielfalt. Zudem beeindruckt Sofja Gülbadamova am Klavier mit ihrer äußerst leichtgängigen Virtuosität, welche den Hörer geradezu mitreißt. Durch ihren fein dosierten Anschlag findet sich das Klavier zudem gleichberechtigt im Ensemble wieder, was durch ein äußerst ansprechendes Klangbild belohnt wird.
Es handelt sich bei der vorliegenden Aufnahme um eine in jeder Hinsicht interessante Zusammenstellung von durchaus unbekanntem Repertoire, sodass sich dem Hörer neuartige und zugleich ex­zellent zur Aufführung gebrachte Werke erschließen. Um aber auf die eingangs angesprochene Idee der vorliegenden Einspielung zurückzukommen, bildet ein wichtiges ­Detail das umfangreiche Booklet, welches die eingespielten Kompo­sitionen im Kontext der Biografie ihrer Schöpfer beleuchtet.
Bernd Wladika