Beethoven, Ludwig van

Scena al Ruscello

aus der Sinfonie Nr. 6 "Pastorale". Zeitgenössische Bearbeitung für vier Violoncelli von Peter Lichtenthal (1780-1853), Erstausgabe, hg. von Günter und Leonore von Zadow

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Güntersberg, Heidelberg 2012
erschienen in: das Orchester 12/2012 , Seite 66

Haben Sie schon etwas von Peter Lichtenthal gehört? Der Mailänder Arzt mit ungarischen Wurzeln war ein vielseitig tätiger Komponist und Autor musikalischer Abhandlungen, u.a. der ersten Musikenzyklopädie in italienischer Sprache. Lichtenthal kannte die Musikgrößen seiner Zeit persönlich und verfasste zahlreiche kammermusikalische Bearbeitungen ihrer Werke. Dabei verfolgte er das Ziel, diesen anspruchsvollen Kompositionen in Italien mehr Popularität zu verschaffen. Kein leichtes Unterfangen, denn zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren dort gefällige Musikstücke, vor allem aber Opern gefragt.
Lichtenthals Bearbeitung der Scena al Ruscello aus Beethovens 6. Sinfonie für vier Violoncelli hält sich eng an die sinfonische Vorlage. Dabei kommt dem ersten Cello die Rolle der melodieführenden Stimme zu. Cello zwei und drei übernehmen die fließenden, harmonischen Mittelstimmen der zweiten Violinen, Violen und der beiden Solocelli aus dem Orchestersatz. Für das vierte Cello hat Peter Lichtenthal die Cello- und Bassstimme an einigen Stellen durch Füllachtel, Synkopen anderer Orchesterstimmen und Oktavierungen ergänzt oder variiert.
In Lichtenthals Manuskript finden sich Flüchtigkeitsfehler und Auslassungen, die vermuten lassen, dass seine Bearbeitung zunächst nicht zur Veröffentlichung gedacht war. Die Herausgeber Günter und Leonore von Zadow haben daher die Erstausgabe für die heutige cellistische Spielpraxis eingerichtet. Dabei orientieren sie sich an der Urtextausgabe der 6. Sinfonie (Kassel 2001). Die Phrasierungsbögen und Artikulationsangaben stimmen weitgehend überein, einige Änderungen erklären sich durch die Anpassung für Violoncello. Unklar bleiben in diesem Kontext jedoch mehrere dynamische Abweichungen.
Mit dieser Ausgabe liegt ein Beispiel einer historischen Bearbeitung für die damals recht seltene Besetzung des Celloquartetts vor; eine geschickte Wahl in Anbetracht der Tatsache, dass der zweite Satz aus Beethovens Sinfonie bereits mit zwei Solocelli angelegt ist. Als “Zugabe” enthält die Erstausgabe zudem zwei Märsche aus Mozart-Opern in Bearbeitung von Lichtenthal und erweitert so das Repertoire für Celloquartett. Das Druckbild der Partitur und der Einzelstimmen ist übersichtlich und gut lesbar. Das informative Vorwort beinhaltet Quellenangaben und einen kurzen Auszug des Manuskripts.
Es lohnt sich, Peter Lichtenthal und seinen Bearbeitungen Beachtung zu schenken. Die Edition Güntersberg hat bereits einige von ihnen veröffentlicht.
Anna Catharina Nimczik