Werke von Valery Kitaka, Andrey Rubtsov und Audrey Eshpai

Russian Oboe Concertos

Maria Sournatcheva (Oboe), Göttinger Symphonie Orchester, Ltg. Christoph-Mathias Mueller

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Musikproduktion Dabringhaus und Grimm MDG 901 1947-6
erschienen in: das Orchester 10/2016 , Seite 71

Der Oboenton ist bestechend schön, dabei warm, voll und modulationsfähig. Technik und Musikalität stimmen ebenfalls – ein runde Sache. Und da die Auswahl der Werke interessant und überaus wohlklingend ist, hört man diese CD mit entspannter Wonne zu Ende. Erstklassig begleitet wird die junge Obo­istin Maria Sournatcheva vom Göttinger Symphonie Orchester. Nach langer, solistischer Kantilene legt Sournatcheva in Valery Kiktas einsätzigem Konzert für Oboe und Orchester Nr. 1 (From Belgorod) virtuos los. Diese bunte, ausdrucksstarke Musik liegt der jungen Oboistin hörbar sehr. Das im Wohlklang badende, aber sehr saubere Orchester bietet den Oboentönen eine herrliche Basis. Die Musik tändelt melodisch um wenige Motive herum, wirkt aber ungemein stark durch die beständige Steigerung der Inten­sität. Eine akustische Vorspeise, die Lust auf das Folgende macht.
Nach diesem opulenten Beginn geht es mit Andrey Rubtsovs Oboenkonzert weiter. Schalkhaft eröffnet das auf den Punkt gebrachte flotte Rondo: Die Oboe brilliert in den pfiffigen Läufen und singt in den ruhige Passagen. Ebenso wie Kiktas Concerto ist dies Musik des 20. Jahrhunderts, doch ist sie eher traditionell komponiert, wirkt aber frisch und lebt durch den Reichtum der Einfälle. Das verträumte Larghetto folgt wie aus weiter Ferne, ein Geschenk für alle Oboisten und hier sowohl vom Orchester als von der Solistin makellos und angenehm drängend eingespielt, geadelt von feinen hohen Tönen der Oboe gegen Ende. Sehr virtuos tanzt anschließend die Burlesque mit leicht wirkenden Staccati vorbei.
Wieder folgt ein Werk Kiktas, diesmal das dritte Konzert für Oboe und Orchester. Wahrlich „idyllisch“, wie es der Komponist fordert, sind die ruhigen Teile des Satzes angelegt, mühelos in die Oboe gesungen, perfekt intoniert und unterhaltsam. Ein bisschen sentimental wirkt der folgende langsame Satz, arbeitet mit Sequenzen und zieht alle Register des Ausdrucks. Sournatcheva liegt diese farbige Musik eben. Da sie sich aber immer ein wenig zurückhält, wird es nie kitschig. Das Pianissimo hat hier fast elysische Wolkenhaftigkeit. Im dritten Satz darf die Oboe tanzen, springen und artikulieren, dass es eine Wonne ist. Das ist fröhliche Musik, unterhaltsam und gut geeignet für einen Sommerabend, dabei solide und expressiv komponiert und sehr gut eingespielt.
Wer jetzt noch nicht genug schöner Töne in perfekter Ausführung gehört haben mag, wird im letzten Werk der CD, Andrey Eshpais Oboenkonzert, voll auf seine Kosten kommen. Wieder einmal gibt es farbige Musik voller schöner Phrasen, technisch interessante Partien und viel, viel Oboengesang auf hohem Niveau zu hören, wieder einmal erstklassig vom Göttinger Symphonie Orchester unter Christoph-Mathias Mueller begleitet. Die Chemie zwischen Solistin und Orchester stimmt, jeder Takt ist genussvoll gespielt und wieder wird die Dynamik voll ausgeschöpft. Ein paar Modulationen setzen ein Sahnehäubchen darauf. So macht virtuose Oboenmusik viel Freude.
Heike Eickhoff