Werke von Julius Klengel, Richard Strauss, Robert Schumann und anderen
Romantic Cello Concertos
Raphaela Gromes (Violoncello), Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Ltg. Nicholas Carter
Er galt als „Cellistenmacher“ von europäischem Rang: Neben seiner Tätigkeit im Gewandhausorchester prägte und formte der Leipziger Julius Klengel als Professor am Konservatorium seiner Heimatstadt Generationen nachmals berühmter Cellisten. Für sie schrieb er sein berühmtestes Schmankerl, den Hymnus für 12 Celli.
Dass er auch größere Kompositionsformen fantasievoll beherrschte, beweist sein hier erstmals eingespieltes 3. Cellokonzert: Originelle Haupt- und Nebenthemen prägen die drei fließend ineinander übergehenden Sätze, und in punkto Instrumentation macht Klengel „alles richtig“, um seinem Instrument Freiräume zur Entfaltung höchster Virtuosität und zugleich edelster Gesanglichkeit zu schaffen. Kaum überraschend, dass die Premiere 1892 von „äußerst stürmischem [Beifall], dem mehrere Hurrarufe folgten“ bedacht wurde, so damals der Leipziger Anzeiger. Umso überraschender, dass das attraktive Werk bis zu seiner Wiedererweckung durch Raphaela Gromes in Dornröschenschlaf fallen konnte. Schließlich findet man hier alles, was Cellistenherzen und -hände begehren!
Doch nicht nur die Klengel-Renaissance macht die CD zum Ereignis: Wir hören außerdem eine wunderbar kammermusikalisch ausgehörte Version des Schumann-Konzerts, in der Gromes nebst phänomenaler Technik – die wir im bisweilen höllisch schwierigen Klengel’schen Cellopart bereits bewundern dürfen – ihr Gespür für den wahrhaft romantischen Ton in beeindruckender Weise vernehmen lässt. Kantabilität, Artikulation, Phrasierung, Stilempfinden: Es stimmt einfach rundum! Das Spiel dieser wahren Cellokünstlerin ist nie in Gefahr, unter Bogen- oder Vibrato-Überdruck zu geraten. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin und der junge australische Dirigent Nicholas Carter erweisen sich als ideale Partner und tragen ihre Solistin buchstäblich auf Händen.
Das fein abgestimmte übrige Programm dieser Produktion zeigt zudem, dass hier nicht etwa „Vorwände“ und Flitterkram als Kulisse für das Schumann-Konzert bemüht wurden: Die herrliche Romanze des 19-Jährigen, teils noch auf Schumann’schen Spuren wandelnden und im nächsten Moment manche Eulenspiegelei verratenden Richard Strauss erweist sich ebenso als stimmige Ergänzung wie die drei Zugaben, die Gromes gemeinsam mit ihrem Klavierpartner Julian Riem eingespielt hat: eine Adaption des Liedes „Widmung“ aus Schumanns Myrthen, den ohnehin nur mit Cello und Klavier besetzten Mittelsatz aus Clara Schumanns Klavierkonzert und eine von Alfredo Piatti raffiniert gesetzte Bearbeitung des 5. Ungarischen Tanzes von Brahms.
Übrigens: Dass das Booklet gut geschriebene Werkeinführungen, aber keine Angaben zu den Interpreten enthält, unterstreicht zwar deren Zurücktreten hinter der Musik, mutet aber angesichts der Hochkarätigkeit des Dargebotenen fast übertrieben bescheiden an. Darf ein Rezensent „einfach mal schwärmen“? Sofern der Rezensionsgegenstand es nahelegt, sollte er es dürfen: Diese CD ist „einfach“ wunderbar!
Gerhard Anders