Mendelssohn Bartholdy, Felix
Romance sans paroles
op. 109, für Violoncello und Klavier
Bei Felix Mendelssohn Bartholdys Liedern ohne Worte denkt man vielleicht zunächst an seine Klavierstücke, die sich auf Grund ihrer Gesanglichkeit und Ausdrucksstärke großer Beliebtheit erfreuen. Vermutlich hat Mendelssohn den Begriff Lied ohne Worte selbst geprägt und schrieb die Stücke nach eigenen Angaben vor allem für die Damen. Auch seine einzige Romance sans paroles für zwei Instrumente ist einer Dame gewidmet: der jungen Cellistin Lise Cristiani. Sie war die erste professionelle Cellistin, die sich im damals von Männern dominierten Konzertleben durchsetzen konnte. 1845 trat sie mit großem Erfolg in Leipzig auf, wo
sie auch mit Mendelssohn zusammentraf und ihn zu der vorliegenden Komposition anregte. Das Werk entstand wahrscheinlich noch im gleichen Jahr, wurde aber erst 1868 aus dem Nachlass des Komponisten als op. 109 veröffentlicht.
Da Mendelssohns eigenhändige Reinschrift der Romance sans paroles verschollen ist, stellt die autografe Partitur aus dem ehemaligen Besitz der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz die einzige Quelle dar, die dieser Urtextausgabe zugrunde liegt. Ihre zahlreichen Korrekturen und schwer zu entziffernden Angaben erklären einige editorische Freiheiten der Erstausgaben, die auch den Titel in die deutsche Sprache übersetzten.
Der Herausgeber Ernst-Günter Heinemann hat die im Autograf unterschiedlich kurz notierten Vorschlagnoten vereinheitlicht und offensichtlich fehlende Legatobögen ergänzt. Alle weiteren Zusätze sind als solche kenntlich gemacht worden. Bisher war die Romance sans paroles bei Henle nur im Sammelband mit anderen Stücken für Violoncello und Klavier erhältlich, nun ist sie auch als Einzelausgabe erschienen. Den Noten liegt eine zusätzliche Cellostimme mit Fingersätzen und Strichbezeichnungen von Claus Kanngießer bei.
Mendelssohns Romance sans paroles in D-Dur ist in dreiteiliger Liedform gestaltet. Ihre gesangliche, eingängige und ausdrucksstarke Melodiestimme im Violoncello wird von einem rhythmisch stets gleich ablaufenden akkordischen Klaviersatz getragen. Der aufgewühlte energische Mittelteil schafft einen Dialog zwischen der Bassstimme im Klavier und der Violoncellostimme, ehe die Komposition wieder zum gesanglichen Anfang zurückfindet und ausklingt. Sowohl die technischen als auch gestalterischen Anforderungen sind anspruchsvoll. Das bei Kammermusikern beliebte Stück wird oft zur Aufführung gebracht und begeistert seine Interpreten und Zuhörer gleichermaßen. Schade, dass Mendelssohn nicht noch weitere Lieder ohne Worte für Violoncello und Klavier hinterlassen hat!
Anna Catharina Nimczik