Ristorante Allegro
Das philharmonische Familienmusical
“Spitzenklang trifft Kinderspaß”, der Slogan ziert das CD-Cover. Spitzzüngige Geister mögen da nach dem Blick aufs Äußere Lifestyle-Kategorien vermuten. Weil Mama und Papa schon bei Kita oder Grundschule zumindest Exzellenz-Kriterien verlangen, wäre auch der Spitzenklang ein bildungskulturelles Muss. Hört man indes hinein in diese CD, so kann man sich freuen über ein sehr gelungenes Projekt, das die Education-Idee, mit der so ziemlich jedes Orchester um den Hörernachwuchs buhlt, mit vergnüglicher Lebendigkeit füllt.
Bei den Münchner Philharmonikern ergab sich eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Machern der Sternschnuppe-Liederbücher und Sternschnuppe-CDs, Margit Sarholz und Werner Meier. Das ging über die Idee hinaus, die bekannten und beliebten Sternschnuppe-Lieder in ein philharmonisches Gewand zu kleiden. Erdacht, produziert und aufgeführt in der Philharmonie am Gasteig wurde Ristorante Allegro, das “philharmonische Familien-Musical”, von dem die hier vorliegende Audio-Produktion einen ungemein lebhaften Liveeindruck vermittelt. Sarholz/Meier und ihr Arrangeur Rainer Bartesch haben mit Ristorante Allegro ein Musical nach Pasticcio-Art geschaffen, wobei man verführt ist, Pasticcio hier als Steigerungsform von Pasta zu verstehen.
Denn um Pasta und Co. rankt sich die locker gewirkte “Handlung” um den Trubel einer Restauranteröffnung. Das hat die Leichtheit der Kasperltheater-Dramaturgie und macht auf deren Art auch das kindliche Miterleben möglich. Da ist der Kühlschrank verschwunden, denn er geht spazieren. Auf seinem Spaziergang sammelt der “coole Typ” all das ein, was in ihm gut aufgehoben ist. Auch “Würstel”, die eigentlich heim nach Wien wollten. Unter den Restaurantgästen ist auch “Woody Worm”, der Holzwurm, und zum Dessert möchte man ihm Süßholz raspeln. An solchen poetischen Spielereien ist Ristorante Allegro nicht arm, was auch den Erwachsenen Vergnügen bereiten kann.
Was macht das philharmonische Sich-Aufbrezeln mit den poppig-schwungvollen Liedern? Es nimmt ihnen einerseits manches von ihrem naiv-kindlichen Mitmach- und Mitsingcharakter. Dass es sicher die Erwachsenen waren, die auf dieser Aufnahme gelegentlich das Mitklatschen nicht lassen konnten, sei hier einfach mal behauptet; das kann aber nur als ärmliches Mitmachen bezeichnet werden. Einem Song wie “Nina mag nur Nudeln” nimmt die schwergewichtige Orchesterfassung viel von seinem Mandolinencharme und der kindlich-leichten “Italianità”. Andererseits hat ein Orchester auch Wichtiges zu bieten zwischen Offenbachschem Opera-Comique-Temperament, opulenter Farbigkeit und vielerlei instrumentaler Charaktermalereien: Da sieht man denn beim Posaunenglissando den Zucker in die Creme rieseln. Und unser Kühlschrank-Spaziergang wird hier zur böhmisch-dvorákschen Salon-Polka voller Holzbläser-Zärtlichkeiten. Womit man wieder beim “Spitzenklang” wäre, der indes auf der CD gerne einmal dem Liveklang geschuldet unausgewogen ausfällt.
Günter Matysiak