Mühlegger-Henhapel, Christiane / Alexandra Steiner-Strauss (Hg.)
Richard Strauss und die Oper
"Trägt die Sprache schon Gesang in sich ..."
Noch bis zum 9. Februar 2015 ist im Wiener Theatermuseum die Ausstellung Trägt die Sprache schon Gesang in sich
Richard Strauss und die Oper zu sehen. Als Begleitpublikation erschien im Residenz-Verlag
ein umfangreiches Buch, das etwa die Wiener Inszenierungen von Elektra (1909), Der Rosenkavalier (1911) sowie Die Frau ohne Schatten (1919) dokumentiert. Diese Opern entstanden im Teamwork von Strauss, seinem kongenialen Librettisten Hugo von Hoffmannsthal sowie dem legendären Bühnenbildner Alfred Roller und schrieben allesamt Theatergeschichte. Viele Dokumente aus diesem Umfeld wurden zum Teil erstmals aus dem eigenen Archiv gekramt, denn Rollers Nachlass zählt zu den wichtigsten Beständen des Theatermuseums, erklären die beiden Herausgeberinnen Christiane Mühlegger-Henhapel und Alexandra Steiner-Strauss im Vorwort. Beide sind seit Jahren wissenschaftliche Mitarbeiterinnen des Wiener Theatermuseums und betreuen dort die Abteilungen Handschriften und Nachlässe sowie Handzeichnungen.
Wie gut die Arbeit zwischen Strauss und Roller funktionierte, beweisen zahlreiche, auch private Notizen. Die opulenten Ausstattungen des österreichischen Bühnenbildners und Verfechters des Gesamtkunstwerks sind im Fall von Der Rosenkavalier jedem Musikfan vertraut, denn die jugendstilhafte Ausstattung und Figurinen wurden oft nachgedruckt. Doch die ebenfalls dokumentierten Bühnenbildentwürfe zu Strauss Die Frau ohne Schatten (Staatsoper Wien 1919) oder zur Josephslegende (Staatsoper Wien 1922) geben ganz neue Einblicke in die Werkstatt dieses umfassenden Künstlers.
Die Herausgeberinnen und verschiedene Experten steuerten einzelne Kapitel zum Wirken von Strauss in Wien bei. Das Wirken von Richard Strauss als Direktor der Wiener Oper wird ebenso beleuchtet wie Wien als atmosphärischer und dramaturgischer Faktor in den Opern oder die optische Verklärung der Antike in den Bühnenwerken stets historisch einordnend und schön bebildert. Etliche seltene Fotos, Abbildungen und Briefrepros machen den großen Wert dieses fast eineinhalb Kilogramm schweren Katalogs aus.
Im letzten Kapitel berichtet Mühlegger-Henhapel von den stolzen 365 Strauss-Briefen und Werkautografen der Handschriftensammlung. Darunter finden sich etwa Notizen zur Elektra oder Korrespondenzen mit Strauss spätem Librettisten Joseph Gregor. Von seinem jüdischen Textdichter Stefan Zweig (Die schweigsame Frau) musste er sich im Dritten Reich schweren Herzens trennen. Auch diese Zeit samt Tätigkeit als Präsident der Reichsmusikkammer, Aushängeschild der deutschen Kultur sowie seinen naiv-störrischen Reibungen mit dem Naziregime werden in einem Aufsatz kritisch aufgearbeitet. Zwei Interviews runden das Bild ab; das erste mit dem Enkel Christian Strauss, das zweite mit der Kammersängerin Brigitte Fassbaender, die nicht nur als Oktavian Interpretationsgeschichte schrieb. Insgesamt eine Publikation, die viele Facetten von Strauss und Wien beleuchtet und eine fruchtbare Ära der Theatergeschichte wieder aufleben lässt.
Matthias Corvin