Richard Strauss
Selten gelingt derartig überzeugend die Verbindung von opulenter Buchgestaltung mit Bildern, die unterhalten, erfreuen und nostalgisch in eine vergangene Zeit zurückblicken lassen, und Texten, die das Wissen erweitern und das Verständnis für Leben und Werk wecken. Kurzum: Unterhaltung und Wissensgewinn sind hier aufs Überzeugendste miteinander verbunden. Das Buch ist alles in einem: Geschenkband, Bildband, Fachbuch, Nachschlagewerk.
Roswitha Schlötterer-Traimer, eine mit zahlreichen Veröffentlichungen ausgewiesene Strauss-Expertin, hat 174 Karikaturen über Richard Strauss zusammengestellt. Die Karikaturen werden jeweils auf einer Doppelseite vorgestellt, rechts das Bild, links Angaben zum Titel, zum Künstler, die Texte des Bildes und ein kurzer, prägnanter Text mit Erläuterungen und Informationen, die zum Verständnis notwendig sind. Diese Kombination verführt zum Anschauen, zum Vertiefen und zur Weiterbeschäftigung mit dem Werk und dem Leben des Komponisten. Die Qualität der Abbildungen ist hervorragend, das gewählte Schriftbild eine Freude.
Richard Strauss Leben fiel in die Zeit des Jugendstils, in der die Karikatur in Deutschland ihre größte Blüte erlebte und zu einer zentralen Kunstform wurde: In Zeitschriften wie der Jugend oder dem Simplicissimus wirkten namhafte Künstler mit. Ironie, freche Überspitzung zeichneten aber nicht nur diese satirischen Blätter aus, sondern ebenso die Musik von Richard Strauss, etwa in seiner Tondichtung Don Quichote oder in seiner frühen Oper Feuersnot. Roswitha Schlötterer-Traimer beschreibt im klugen und prägnanten Einleitungsessay, wie die Karikaturen das Werk von Richard Strauss als Gradmesser seiner Popularität spiegeln.
In den frühen Karikaturen wird deutlich, ab wann er in der Öffentlichkeit beachtet wurde. In den späteren kann abgelesen werden, wie umstritten er war und wie sehr etwa “Salome” das öffentliche Bewusstsein auch in Mode und Politik prägte. Das Strauss-Bild zunächst des revolutionären Neutöners, dann des konservativ zurückgewandten Komponisten findet in den Karikaturen ebenso seinen Widerhall wie der öffentliche Neid über den zu Wohlstand gekommenen Musikerfürsten. So öffnen diese Karikaturen nicht nur den Blick für die Musikgeschichte, sondern allgemein für die Kultur- und Zeitgeschichte.
Sie zeigen auch, dass in den 1930er Jahren eine der Karikatur feindliche Zeit hereinbrach, in der die Freiheit zu frechem Witz von ideologischer Gleichschaltung abgelöst wurde. Der alte Strauss ist kaum noch ein Gegenstand für Karikaturen, zumal nicht von Karikaturen, die das Format zur Zeit der Jahrhundertwende haben.
Dieser Band ist ein Glücksfall nicht nur für Strauss-Kenner, sondern allgemein für Musik- und Kunstliebhaber.
Franzpeter Messmer