Rhapsody

Rubrik: Noten
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Dem Komponisten Mikis Theodorakis in diesen wenigen Zeilen gerecht zu werden, ohne sein lebenslanges politisches Wirken zu würdigen, seine humanistischen Ideale, seine entsetzlichen Erlebnisse mit Diktatur, Repression, Folter, ist ein aussichtsloses Unterfangen. Dennoch, auf das Risiko eine Überinterpretation hin, scheinen in diesem Alterswerk – 83 Jahre alt war er bei der Komposition – Lebenserfahrungen durchzuschimmern.
Die vorliegende Partitur ist zwar wie das Original Rhapsody for Trumpet and Orchestra betitelt, jedoch handelt es sich hier um ein Arrangement für Piccolo-Trompete und großes Orchester des ungarischen Komponis-ten Robert Gulya. Es ist mir nicht bekannt, für welches Instrument die ursprüngliche Idee geschrieben war. Ebenso fehlt ein Hinweis auf Anlass oder Grund des Arrangements. Raum für Spekulation.
Formal ist das 24-minütige Werk in vier Sätzen angelegt: Moderato – Vivace – Andante – Allegro. Die Tonsprache ist melodisch, im weitesten Sinne frei-harmonisch. Abwechslungsreich stehen die einzelnen Sätze einander gegenüber. Das Moderato am Anfang des Konzerts wirkt in seinem Duktus wie improvisierend, wie auf der Suche nach der endgültigen melodischen Gestalt. Hiergegen lehnt sich das Vivace mit allerlei schwungvollen rhythmischen Widerborstigkeiten auf. Zum Ruhepol des Werks wird das Andante, dessen sanft absteigende Viertellinie der Trompete von den übrigen Instrumenten des Orchesters in allerlei Schattierungen aufgenommen wird. Der letzte Satz, Allegro, wirkt trotz vieler Taktwechsel tänzerisch, furios in seinen Betonungsverschiebungen. Ein Moderato-Zwischenteil lässt sich dabei gerne als die nun wohl gefundene Melodie des ersten Satzes verstehen.
An dieser Stelle wären nun tiefer gehende Gedanken angebracht, inwieweit Theodorakis’ gesamtes kompositorisches Œuvre, seine Lebens­erfahrungen dieses Konzert in ihm zum Entstehen gebracht haben.
Der Solopart der Piccolo-Trompete ist technisch durchaus anspruchsvoll, verlangt vor allem äußerste rhythmische Präzision, wie auch vom ganzen Orchester. Man kann sich allerdings vorstellen, dass es viel Freude bereitet, diese lebendige, intensive Musik zu spielen.
Peter Hoefs