George Enescu/Béla Bartók

Rhapsodie Roumaine

Gilles Apap (Violine), Diana Ketler (Klavier), Ensemble Raró

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Solo Musica
erschienen in: das Orchester 06/2018 , Seite 70

Die volksmusikalischen Wurzeln der Musik auf der CD Rhapsodie Roumaine sind das Bindeglied zwischen den Kompositionen von George Enescu und Béla Bartók, die der Geiger Gilles Apap, Diana Ketler (Klavier) und das Ensemble Raró hier mit emphatischem Impetus angehen. Während Bartóks intensive musikethnologische Studien direkt oder indirekt nicht nur in seinem frühen Schaffen ebenso bleibende wie prägende Spuren hinterlassen haben, wurde Enescu im Laufe seines Wirkens als Pädagoge, Interpret und Komponist die Popularität von folkloristisch inspirierten Werken wie der ersten “Rumänischen Rhapsodie “eher suspekt, weil sie der Verbreitung seiner stilistisch ganz anders gelagerten Kompositionen wie beispielsweise seines Hauptwerkes, der Oper “Oedipe”, eher hinderlich waren.
Auf der hervorragend aufgenommenen CD werden der ersten “Rumänischen Rhapsodie” in einem geschickten Arrangement für Klavierquartett von Thomas Wally – das Ensemble Raró setzt sich mit viel Temperament für das populäre Werk ein – auch das eher knappe Nocturne “Ville d’Avrayen” gegenübergestellt. Hier bewähren sich die Mitglieder des Ensembles als geschickte Klangmaler, die dem zurückgenommenen Duktus der Komposition mit viel Differenzierungsvermögen begegnen.
Im Mittelpunkt der Einspielung steht aber vor allem die ungemein farbenreiche und mit großer Verve angegangene 3. Violinsonate Enescus. Der französische Geiger Gilles Apap und seine Klavierpartnerin Diana Ketler nehmen den Untertitel der Sonate „Dans le caractère populaire roumain“ ernst und inspirieren sich gegenseitig zu einem von packender Intensität ebenso wie musikantischem Überschwang geprägten Spiel. Wobei die Genauigkeit im Detail ob der packenden Intensität kein Leid erfährt.
Die Bratschisten Christian Nas, seit 1999 Mitglied des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart, seit 2016 Mitglied des SWR Symphonieorchesters, und Razvan Popovici setzen sich auf “Rhapsodie Roumaine” für acht der ursprünglich für Violine geschriebenen Duos von Bartók ein. Die Duos klingen im Vergleich zu Enescus Werk doch kantiger, nicht ganz so „süffig“ wie beispielsweise die erste “Rumänische Rhapsodie”. Dies unterstreichen auch die “Rumänischen Volkstänze” Bartóks für Violine und Klavier. Apap und Ketler gehen die auf originalen Tänzen aus Rumänien basierenden Kompositionen mit immenser Wucht, Nachdruck, rhythmischer Stringenz und purer Spielfreude an. Nichts wirkt aufgesetzt oder geschmäcklerisch geglättet, das hervorragende Duo bleibt den Tänzen nichts an Innenspannung schuldig.
Einzig der etwas weitschweifige, an Informationen eher arme Booklettext erreicht nicht ganz die hohe Qualität des Musizierens auf dieser CD.
Walter Schneckenburger