Penderecki, Krzysztof

Quintetto per archi

per 2 violine, viola, violoncello e contrabbasso. Blätter eines nicht geschriebenen Tagebuches, Paritur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2014
erschienen in: das Orchester 09/2015 , Seite 75

Eine zweite Bratsche, ein zweites Cello oder ein Kontrabass – diese Instrumente stehen zur Verfügung, um das klassische Streichquartett zum Quintett zu ergänzen. Wählten die Komponisten der bekanntesten Werke der Gattung (Mozart, Schubert, Mendelssohn Bartholdy, Brahms) durchgehend eines der beiden ersten Instrumente, macht sich der Kontrabass – wie in der gesamten Kammermusikliteratur – in diesem Fach eher rar. Nur wenige wie Antonín Dvorák verwendeten das oktavierte Bassfundament. Und wann immer die Wahl auf den Kontrabass fällt, darf vermutet werden, dass es dem Komponisten um einen besonders nahe am Orchester angesiedelten Klang geht.
Krzysztof Pendereckis Streichquintett trägt den Orchesterklang quasi in den Genen. Letztlich beruht es auf der Streichorchesterfassung (Sinfonietta Nr. 3) seines knapp zehn Jahre alten dritten Streichquartetts, ist also Kammermusik mit dem „Umweg“ übers Orchester. Penderecki kann zwar auf ein großes Kammermusikschaffen zurückblicken, berühmt geworden ist er aber vor allem mit seiner Orchestermusik. Und in dieser nehmen Werke für Streichorchester (vielleicht als eine Art Hybrid aus den beiden genannten Werkgruppen) eine zentrale Stellung ein. Ganz so klingt auch sein Streichquintett: orchestral aufgefächert, musikantisch, voll und mit den virtuosen Elementen nicht geizend.
Eher kleinteiligere Strukturen und häufige Tempowechsel prägen das im Sommer 2013 beim Casals-Festival uraufgeführte Streichquintett. Ganz dem Titel – Blätter eines nicht geschriebenen Tagebuches – entsprechend wechseln die Stimmungen schnell und sind es eher Episoden denn wirklich ausformulierte Sätze, die die Struktur des Werks bestimmen. Nur Penderecki selbst wird wissen, welche Lebenserinnerung genau welchem Abschnitt in diesem Quintett zugrunde liegt bzw. als Inspiration diente. Mag die Musik vordergründig so aussehen, als spiegelte sie vor allem Stimmungen (zum Beispiel im sentimentalen Walzer) wider, so ist sie doch ohne die Beachtung des Titels und der vereinzelt auftretenden Ausführungsanweisungen ganz absolute Musik.
Daneben dürfen Krzysztof Pendereckis musikalische Short Stories als ein äußerst musikantisches und zugängliches Stück Lebensrückblick gelten. Mit der richtigen Portion Virtuosität dargestellt, wird dieses Klang-Tagebuch in den helleren, offenen und schnellen Passagen mitreißen und in den zurückgenommeneren Phasen (wie beispielsweise am Schluss) einen sehr ausgewogenen, ja geradezu klassischen Eindruck hinterlassen. Partitur und Stimmen dieser klingenden Tagebuchseiten sind dafür die makellos gearbeitete Basis.
Daniel Knödler

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