Beethoven, Ludwig van

Quartets op. 95 & 131 for string orchestra

Orchestre d’Auvergne, Ltg. Roberto Forés Veses

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Aparté CIC AP152
erschienen in: das Orchester 11/2017 , Seite 63

Die Streichquartette von Ludwig van Beethoven gehören bekanntlich zum Kernrepertoire des Kammermusikwesens. Dennoch sind sie nicht allzu häufig im Konzertsaal zu hören, vor allem die späteren, nicht zuletzt bedingt durch den hohen Anspruch nicht nur an die Musiker, sondern auch an das Publikum.
Schon vor über hundert Jahren wurde versucht, den symphonischen Gestus dieser Werke durch Fassungen für Streichorchester noch hervorzuheben und sie so in den großen Konzertsaal zu verpflanzen.
Zu den berühmtesten solcher Einrichtungen gehört jene des großen cis-Moll-Quartetts op. 131, das aufgrund seines ganz eigenen sechssätzigen Aufbaus (mit zwei substanziellen Ecksätzen und einem zentralen langsamen Satz, der in gleich welcher Form immer wieder etwas Verstörendes hat) die Gattung Streichquartett zu sprengen scheint.Gustav Mahlers Orchesterfassung des f-Moll-Quartetts op. 95 ist etwas seltener zu hören, nicht zuletzt weil Beethovens Quartett als Kammermusikkomposition bekannt und beliebt ist. Die vorliegende Interpretation erweist aber schnell die besondere Modernität Beethovens. Der starke dramatische Puls, die bewusste Bezugnahme auf eine andere Darbietungsform (nämlich jene für Orchester) transformieren Beethovens Quartette zu dramatischen Orchesterstücken.
Das Orchestre d’Auvergne unter seinem Chefdirigenten Roberto Forés Veses bietet Interpretationen, die die besten Qualitäten historisch informierter Aufführungspraxis und moderne symphonische Herangehensweise in sich vereinigen. Die einzelnen Streicherstimmen sind schlank und mit wenig Vibrato (die Violinen für manche Ohren vielleicht etwas zu „dünn“), doch gerade hierdurch überzeugen die überaus dramatisch-lebensvollen Interpretationen, die umso deutlicher machen, wie viel Berlioz Beethoven verdankt – eine Erkenntnis, die Richard Strauss seinerzeit bewusster war als manch einem heutigen Musiker.
Zumeist eher straffe Tempi, feines Klangfarbengefühl, expressive Kraft und Tiefe, sorgsam austarierte Klangbalance und eine differenzierte Staffelung von Soli und Tutti, kon­geniale Formgestaltung und aufnah­metechnisch kristallene Klarheit – all dies macht die CD zu einem Höhepunkt der „abseitigen“ Beethoven-Diskografie und lässt manch „größere“ Namen im direkten Vergleich blass aussehen.
Dass der Booklettext nur in Französisch und Englisch beigefügt ist, beeinträchtigt nicht die Bedeutung der Einspielung. Insgesamt überraschend und sehr empfehlenswert.
Jürgen Schaarwächter