Francesco Geminiani
QE – Quinta Essentia
Concerto Köln
Mit sehr viel Liebe zu diversen Details – vom sehr ansprechenden und überaus informativen Booklet bis hin zur Stückeauswahl – hat Lorenzo Alpert, seit 1991 erster Fagottist bei Concerto Köln, das Programm zur jüngsten CD-Einspielung seines Ensembles recherchiert, zusammengestellt und künstlerisch gestaltet. Auf dem CD-Cover stechen in pink die Buchstaben „QE“ vor barockem Engelstreiben ins Auge: Quinta Essentia. So lautet auch der Titel der Piècen von Francesco Geminiani (1687-1762), die Concerto Köln, international bekannt für die Interpretation der Musik des 18. und frühen 19. Jahrhunderts in historisch informierter er Aufführungspraxis, hier eingespielt hat.
Der Scarlatti-Schüler Geminiani machte sich sowohl als Komponist als auch als begnadeter Geiger und Autor diverser Werke über Aufführungspraxis einen Namen. Mit diesem Hintergrundwissen überarbeitete er nicht nur eine Vielzahl von Corelli-Sonaten, sondern veränderte ständig auch seine eigenen Kompositionen auf eine Art und Weise, die das damalige Publikum als unberechenbar bis kapriziös einstufte.
In der vorliegenden, beinahe 80 Minuten langen Einspielung erklingt eine kurzweilige Auswahl verschiedener Sätze aus Geminianis Concerti-Bearbeitungen, die zunächst an gleichnamige Werke von Händel erinnern, sich jedoch bei genauerem Hinhören als vertrakter, verspielter, manchmal etwas sperrig erweisen. Getragen und würdevoll eröffnet das Grave aus dem Concerto Grosso op 7 Nr. 2 den musikalischen Reigen, der sich fortsetzt im Parlieren von Violinen und Violen, die sich mal polyfon verfolgen und dann wieder Hand in Hand eine weitere Wegstrecke gestalten.
In ähnlicher Art verlaufen auch die weiteren Programmpunkte: In barocker Terassendynamik erklingen bewegte, heitere Passagen und getragene, majestätische Plateaus im Wechsel, was zugegebenermaßen zunächst ermüdend wirken mag in seiner überbordenden Fülle an doch ähnlich wirkenden musikalischen Inhalten. Doch bei mehrmaligem Hören erschließen sich ungewöhnliche musikalische Verästelungen und beinahe meditativ wirkende Ruhepunkte. Geminiani wusste um den Zauber von harmonischen Durchgängen und Quint-Quartfällen, vom Einsatz der Solovioline, die mit virtuosen Girlanden in zauberhafte Gärten entführt, in denen es aus reinen Quellen zu gurgeln scheint, Helligkeit und Leichtigkeit sich zu einem Bild von zeitlos freudigem Überschwang ergänzen.
Die hervorragenden Musiker von Concerto Köln werden selbstverständlich jeder dieser Vorgaben auf höchstem Niveau gerecht. Dennoch wünschte ich mir an mancher Stelle ein temperamentvoll mutiges Ausbrechen aus den gängigen dynamischen Herangehensweisen, sodass Pianissimi und Fortissimi sich noch extremer auseinander bewegen, ein Presto mutig bis an seine Grenze galoppiert, ein Grave noch tiefer schürft und der Dialog zweier Solostimmen in noch selbstbewussterer Art und Weise die jeweils eigene Linie vertritt, um sich dann im Konsens zusammenzufinden.
Kathrin Feldmann