Werke von Gounod, Leoncavallo, Donizetti und anderen

Promessa

Arias from Italian & French Operas, Sophia Brommer (Sopran), Augsburger Philharmoniker, Ltg. Dirk Kaftan

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Oehms Classics OC 1808
erschienen in: das Orchester 05/2015 , Seite 79

Vier Jahre verbrachten Dirk Kaftan und Sophia Brommer gemeinsam am Theater Augsburg, Kaftan als Generalmusikdirektor, Brommer als Ensemblemitglied und Publikumsliebling. Seit 2014 ist Kaftan Chefdirigent der Grazer Oper. Im Herbst 2015 wird die Sopranistin laut Pressemeldung dem Dirigenten nachfolgen und in Graz, nachdem sie zwei Jahre als freie Sängerin gearbeitet hat, ihr Können unter Beweis stellen. Die 2013 aufgenommene, im vergangenen Jahr erschienene Arien-CD Promessa ist sozusagen das Abschiedsgeschenk der beiden.
Ein Geschenk, das vielleicht etwas zu bunt verpackt ist, dessen Inhalt aber durchaus gefallen kann. Eine thematische Klammer gibt es nicht.
Sophia Brommer hat bekannte französische und italienische Arien zusammengestellt, die ihr Gelegenheit geben, ihren klaren, tragfähigen, manches Mal etwas scharfen Sopran in Szene zu setzen. Dabei missbraucht Brommer in den Bravourarien Virtuosität nicht für leeren Selbstzweck, sondern gestaltet sie immer als Mittel des Ausdrucks.
Dirk Kaftan und die flexiblen Augsburger Philharmoniker lassen der Sängerin viele agogische Freiheiten und sorgen dafür, dass sich die immer wieder ausbrechende Dramatik auch im Orchester wiederfindet. Für das französische Repertoire ist Brommers Sopran vielleicht eine Spur zu präsent. Es fehlen ein wenig die Farbnuancen. Micaëla ist in ihrer Interpretation kein zartes, schüchternes Mädchen vom Land, sondern zeigt in ihrer Arie „Je dis, que rien ne m’épouvante“ aus Bizets Carmen durchaus Selbstbewusstsein und Schlagkraft. Juliettes „Ah! Je veux vivre“ aus Gounods Roméo et Juliette gestaltet Brommer mit geschmackvollen Rubati und klarer Koloratur. Gelegentlich verrutscht die Intonation gerade in den höchsten Lagen eine Spur nach oben (z.B. beim Schlusston von Neddas „Qual fiamma avea nel guardo!“ aus Leoncavallos veristischem Einakter I Pagliacci), was aber den guten Gesamteindruck nicht wirklich trüben kann. Am Stärksten gelingen ihr die Trapeznummern ohne Netz wie das offene Ende von Gildas „Gualtier Maldè!“ (Rigoletto) oder Elviras spektakuläre Arie „Qui la voce sua soave“ aus Bellinis I Puritani. Die Augsburger Philharmoniker glänzen mit guten Bläsersoli (Hörner bei Carmen!) und dichtem Zusammenspiel.
Gerne hätte man im Booklet noch die deutschen Übersetzungen der abgedruckten Texte gelesen, um die Geschichten, die in den Arien von Sophia Brommer ausdrucksstark erzählt werden, besser nachvollziehen zu können. Am Ende gibt es eine Art Zugabe mit Leonard Bernsteins „Glitter and be gay“ aus Candide. Hier zeigt die Sopranistin nochmals ihre technische Klasse und darstellerische Wucht, wenn sie mitten im Koloraturfeuerwerk in lautes Weinen ausbricht und den fulminanten Schlusston mit
einem dreckigen Lachen verabschiedet.
Georg Rudiger