Werke von Weber, Mozart, Haydn, Schumann und anderen

Primetime in der Wolfsschlucht

German Hornsound

Rubrik: CDs
Verlag/Label: german hornsound
erschienen in: das Orchester 5/2023 , Seite 72

Das Hornquartett German Hornsound erfüllt das Klischee von Blechbläserformationen, denen es um Virtuosität statt um Inhalt geht, eigentlich gar nicht. Überraschende, kluge Projekte mit prominenten Kooperationspartnern in Konzerten und Aufnahmen zeugen davon. Nun hat German Hornsound gleich zwei neue Alben herausgebracht, die sehr unterschiedlich angelegt und auch zu bewerten sind. Zuerst das problematische: Unter dem Titel Primetime in der Wolfsschlucht geht das Ensemble mit Christoph Eß, Sebastian Schorr, Stephan Schottstädt und Timo Steininger auf Tournee. Zwischen den Musikstücken wird auf der Bühne unterhaltsam moderiert. Für die CD-Version wurde, auch aus Platzgründen, auf die Texte verzichtet. Übrig geblieben ist eine ziemlich willkürliche Zusammenstellung berühmter Arien, Sinfoniesätze, Chöre und Lieder von Weber bis Mozart und Beethoven bis Wagner. Freilich: Die Arrangements von Schottstädt und Eß sind geschickt ausgesetzt und gehen einfühlsam mit der musikalischen Substanz um, fordern dabei alles an Höhe, Tiefe und Flexibilität, was man von einem Hornisten erwarten kann. Und selbstredend ist German Hornsound diesem Anspruch gewachsen, besticht durch Geschlossenheit und Virtuosität. Dennoch ist die konzeptionelle Tiefe des Albums, erschienen im eigenen Label, überschaubar.
Ganz anders die andere Neuproduktion von German Hornsound gemeinsam mit dem bekannten Tenor Daniel Behle und dem noch bekannteren Schauspieler Mario Adorf als Rezitator. Der Titel Heimat – 500 Jahre Heimatlieder und -gedichte mutet eher betulich an, doch stehen dahinter auf zwei CDs 30 herausragende Liedbearbeitungen von Alexander Krampe, der zudem für das inhaltsreiche und launig geschriebene Booklet verantwortlich zeichnet. Wer einen Grund sucht, die CD-Box zu kaufen und alles nicht einfach nur bei Spotify nachzuhören, findet ihn in diesem Beiheft.
Zu den Arrangements treten zehn Lesungen von Texten und Gedichten über die „Heimat“. Es ist ein großes Thema, gerade in dieser Zeit, das durch die Augen von Mascha Kaléko, Friedrich Nietzsche, Theodor Storm oder Friedrich Hölderlin betrachtet wird. In anrührenden Liedern von Carlo Siegmund Taube, Werner Eisenbrenner oder Hermann Leopoldi werden auch Fluchtgeschichten verhandelt. Mit Mahler, Schubert und Goethe spüren die Interpreten der Vergänglichkeit nach, um gleich hernach frohgemut im Frühtau zu Berge zu ziehen. Georg Kreisler lädt ein, über ein Wien ohne Wiener nachzudenken. Und ein wenig kitschig darf es mit Klaus Siegfried Richters Heimatlied über dem zweiten Satz aus Dvořáks 9. Sinfonie ruhig auch werden.
Die vier fabelhaften Hornisten wissen sich auf jede Stimmungslage einzustellen, nehmen sich hinter dem kraftvoll strahlenden und doch lyrisch schlank geführten Tenor von Daniel Behle uneigennützig zurück. Doch sie wissen auch aufzutrumpfen, etwa in Schuberts Erlkönig. Udo Jürgens’ Hit Griechischer Wein ist aus Lizenzgründen nur im Netz verfügbar, bekommt aber eine unbedingte Empfehlung. Wie die gesamte Aufnahme.

Johannes Killyen