Midou Grossmann

Prima la musica

Leopold Stokowski: Erinnerungen zum Geburts- und Todestag

Rubrik: Thema
erschienen in: das Orchester 9/2022 , Seite 30

Als Leopold Stokowski vor 45 Jahren – am 13. September 1977 – starb, hatte er fast ein ganzes Jahrhundert musikalisch geprägt. Er war Musiker, Dirigent, Orchestergründer, Wegbereiter der Moderne, Nachwuchsförderer und Visionär.

Leopold Stokowski wurde am 8. April 1882 in London geboren. Sein Vater war Zimmermann und Tischler und Leopold galt als Hochbegabter. Am 6. Januar 1896 wurde er – mit 13 Jahren – ins Royal College of Music aufgenommen, als bis dahin jüngster Schüler. Im Januar 1899 trat er in die Organisten-Klasse ein.
Auf der Website stokowski.org hat Larry Huffman Konzertauftritte, Tondokumente und Informationen zu Stokowski zusammengetragen und urteilt dort: „Die Musik ist der wichtigste Teil dieser Person, die ich als den größten Dirigenten des zwanzigsten Jahrhunderts betrachten würde.“ Auf einen Erklärungsversuch, warum man Stokowski dennoch zuweilen als Scharlatan bezeichnete, soll hier verzichtet werden. Belegt ist, dass der Dirigent Stokowski eine enorme künstlerische Ausstrahlung besaß, ja sogar eine transzendente Aura. Er konnte die Musiker:innen zur höchsten Stufe der Konzentration führen. Diese sprachen von seinen „okkulten Fähigkeiten“, die sie zu Bestleistungen angespornt haben. Man sagt, dass er vor jedem Konzert sowie in den Pausen meditiert habe, dann auf dem Weg zum Podium nicht mehr angesprochen werden durfte. Beim Publikum war er beliebt, denn er besaß das Flair des Besonderen, sein Klangempfinden konnte die Menschen im Innersten berühren.

Amerika – der rechte Ort zur richtigen Zeit

1905 wurde Stokowski als Organist nach New York verpflichtet, und bald öffneten sich ihm viele Türen. Doch schon dort beschäftigte sich Stokowski mit Orchestermusik und 1908 kündigte er seine Organistenstelle und begleitete die Pianistin Olga Samaroff nach Europa. Sie sollte im Mai 1909 als Solistin in Paris mit dem Orchestre Colonne auftreten. Der dafür vorgesehene Dirigent erkrankte und Samaroff konnte Stokowski als Einspringer durchsetzen. Der erste Konzertauftritt in Paris wurde ein Erfolg und schon sechs Tage nach seinem Debüt, am 18. Mai 1909, hatte Stokowski seinen ersten Auftritt mit dem New Symphony Orchestra in London. Fünf Monate nach diesen Anfängen wurde er zum Chef des Cincinnati Symphony Orchestra ernannt. Olga Samaroff und er heirateten 1911; die Ehe hielt zwölf Jahre.
Mit dem Cincinnati Symphony gab es große Erfolge, aber auch Reibereien. Der junge und ehrgeizige Dirigent verlangte wohl zu schnell eine Ausweitung der Aktivitäten sowie Tourneen, was dazu führte, dass er schon nach zwei Jahren um Auflösung seines Vertrags bat. Europa war immer noch das Kernland der Klassik und München das Ziel Stokowskis, als er am 12. April 1912 wieder die Reise über den Atlantik antrat. Doch Olga bewies erneut ihr Talent als Managerin und verhandelte mit dem Orchester in Philadelphia. Sie konnte ihrem Ehemann eine Zusage nach München melden. Im Oktober des Jahres traf er in Philadelphia ein…

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