Alexander Walther

Baden-Baden: Preisregen und Melodienfülle

Abschlusskonzert der Carl-Flesch-Akademie in Baden-Baden

Rubrik: Bericht
erschienen in: das Orchester 10/22 , Seite 57

Bereits zum 40. Mal öffnete die Carl-Flesch-Akademie in Baden-Baden nun schon ihre Pforten, nachdem sie 1982 von Generalmusikdirektor Werner Stiefel gegründet worden war. Carl Flesch galt als einer der bedeutendsten Violinvirtuosen des 20. Jahrhunderts. 1928 startete er seine Sommerkurse in Baden-Baden, an denen unter anderem Größen wie Henryk Szeryng oder Ginette Neveu teilnahmen. 1934 verkaufte Flesch sein Haus in Baden-Baden und emigrierte nach England, denn er hatte bei den Nationalsozialisten Berufsverbot.
Einen wahren Preisregen gab es zum Abschluss der Carl-Flesch-Akademie. Hyungiu Kim (Kontrabass, Südkorea) erhielt den diesjährigen Carl-Flesch-Preis. Zusammen mit der einfühlsam begleitenden Philharmonie Baden-Baden unter der souveränen Leitung von Pavel Baleff zeigte er bei der subtilen Wiedergabe des Konzerts für Kontrabass in h-Moll von Giovanni Bottesini starken Sinn für Klangfarbenreichtum und Formgefühl, wobei die klassizistisch-spätromantischen Akzente des Konzerts hervorragten. Dayoon You (Südkorea) bekam den Stennebrüggen-Preis für seine ausdrucksvolle Wiedergabe des ersten Satzes aus Ludwig van Beethovens Violinkonzert in D-Dur. Eine große Überraschung war das nahezu unbekannte Konzert für Violoncello in C-Dur von Erich Wolfgang Korngold mit Arne Zeller (Deutschland), der den Werner-Stiefel-Preis erhielt. Die Durchsichtigkeit des glanzvollen harmonischen Orchesterklangs wurde dabei von den brillanten Arabes­ken und Kaskaden der Cello-Partie gekrönt.
Auch William Waltons Bratschenkonzert ist eine Rarität. Hwayoon Lee (Südkorea), Trägerin des Werner-Rastätter-Gedenkpreises, interpretierte mit glühender Intensität den ersten und zweiten Satz aus diesem bedeutenden Werk, wobei im ersten Satz die Sonatenform mit ihren expressiven es-Moll- und a-Moll-Einwürfen hervorblitzte. Felicitas Schiffner (Deutschland) interpretierte den ersten Satz des Violinkonzerts in D-Dur op. 77 von Johannes Brahms. Sie erhielt den Brahms-Preis. Das Hauptthema des Allegro non troppo entfaltete sich dabei wie von selbst. Zum Abschluss musizierte Stanislas Kim (Frankreich/Deutschland) den ersten Satz des Violoncello-Konzerts in h-Moll op. 104 von Antonín Dvorˇák. Er erhielt einen Preis des Fördervereins der Carl-Flesch-Akademie. Wie ein Liebesgruß an die böhmische Heimat erblühten hier die Melodien.
Die Philharmonie Baden-Baden verabschiedete mit diesem Konzert zugleich ihren Chefdirigenten Pavel Baleff. Zuvor musizierte die Carl-Flesch-Preisträgerin 2019 Coco Tomita (Violine) zusammen mit der glänzenden Baden-Badener Philharmonie unter Pavel Baleff bei einem weiteren Preisträgerkonzert das Konzert für Violine und Orchester Nr. 1, Sz 36 von Béla Bartók. Als zweiter Preisträger 2021 spielte Christoph Heesch (Violoncello) ausdrucksvoll das Konzert für Violoncello und Orchester in a-Moll op. 129 von Robert Schumann.