Wittrich, Peter
Prayer on the Hills
für Vibraphon solo
Beim Notenversand Percussion Brandt in Karlsruhe, der sich auf Schlagwerknoten spezialisiert hat, findet man in der Rubrik Vibraphon solo, schwer mehr als 180 Werke. Die Bandbreite reicht von Klassikern wie Harald Genzmers Sonate über transkribierte Jazz-Soli Gary Burtons bis zu musikalischen Schwergewichten wie Omar von Franco Donatoni und Edison Denissows Schwarze Wolken. Diese musikalische Vielfalt bezeugt die immense Wandlungsfähigkeit und Beliebtheit eines noch recht jungen Instruments, das nach seiner Patentierung als Steel Marimba 1916 in den USA zuerst ein reines Jazz-Instrument war, sich mit seinem einzigartigen und glockenhellen Klang aber schnell auch in andere musikalische Sphären hineinspielte. Und täglich kommen neue Werke zur Vibrafonliteratur dazu, die früher oder später sicher alle ihren Weg in den Angebotskatalog finden werden.
Einer dieser Neulinge ist das 2013 komponierte Stück Prayer on the Hills des an der Hochschule für Musik und Theater in München lehrenden Peter Wittrich, das ebenda im Herbst des vergangenen Jahres seine Uraufführung erlebte und nun in der Edition Schott erschienen ist. Das Vibrafonsolo, selbstständiger Teil einer Bühnenmusik für Frauenchor und Schlagzeug zu George Bernanos Dialoge der Karmelitinnen, ist geprägt durch eine aufgeraute tonale Harmonik. Die musikalische Gestik reicht von längeren, sich harmonisch anreichernden Tremolopassagen über breitgespannte Arpeggienfelder bis zu homofonen Abschnitten, die mit ihrem choralartigen Charakter an die Szenerie des Bühnenstücks im Kloster der Karmelitinnen zur Zeit der französischen Revolution erinnern. Die meditative und durchaus religiöse Grundstimmung (so der Komponist in seinem Vorwort) wird nur an einer relativ kurzen Stelle durch einen Agitato-Ausbruch konterkariert, das Stück endet in einem litaneiartigen Abgesang calmissimo.
Die instrumentalen Möglichkeiten des Vibrafons werden in der Komposition sehr gut ausgeschöpft, der guten handwerklichen und sehr abwechslungsreichen musikalisch-harmonischen Arbeit gelingt es immer wieder, das Ohr zu überraschen. Das Druckbild der Ausgabe mit ihren sieben Seiten Notentext ist sehr übersichtlich und klar, schon das erste Vom-Blatt-Spielen hat Spaß gemacht.
Es wird sicher nicht mehr lange dauern, bis Prayer on the Hills bei Percussion Brandt auftaucht. In der Rubrik Vibraphon solo, schwer wird es eines der spieltechnisch leichteren Werke sein. Dem wohl meistgespielten Vibrafonsolo Blues for Gilbert des Briten Mark Glentworth wird es wahrscheinlich nicht den Rang ablaufen, eine Karriere vor allem bei Schlagzeugkonzerten in Kirchen ist für Prayer on the Hills aber wünschenswert und nicht unwahrscheinlich.
Stephan Froleyks