Vasks, Peteris

Plainscapes

per violino, violoncello e pianoforte, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2013
erschienen in: das Orchester 07-08/2013 , Seite 72

Als einer der profiliertesten Komponisten des Baltikums muss sich Peteris Vasks schon seit geraumer Zeit keine Gedanken mehr über eine mangelnde Bekanntheit oder zu geringe Aufführungszahlen machen. Egal, für welche Besetzung der lettische Musiker seine Werke setzt – er kann sich sicher sein, dass sie längst nicht mehr nur von Spezialensembles seiner Heimat aufgegriffen werden. Längst sind es Weltstars wie Gidon Kremer und seine Musiker aus Osteuropa, Sol Gabetta oder das Kronos Quartett, die seinen klangvollen und kantablen Stücken höchst qualitätvolle Interpretationen zuteil werden lassen.
Peteris Vasks schreibt nicht nur sehr häufig für Stimmen – eine Hommage sozusagen an seine baltische Heimat mit ihrer großen Chortradition; auch die Streicher mit ihren Möglichkeiten zur Gestaltung kantabler Linien und ihrem in den hohen Lagen leuchtenden Klang sind bevorzugte Protagonisten seiner Musik. Oft sind es Kombinationen aus (Chor-)Stimmen und Streichinstrumenten, die für eine besondere Farbigkeit, für mitunter gleißende Helligkeit sorgen. Das vorliegende, Plainscapes betitelte Klaviertrio beruht auf einer solchen Kombination, die mehr oder weniger direkt und unter Beibehaltung der zwei Streichersolostimmen auf die klassische Kammermusikformation übertragen wurde.
Dem Klavierpart, der den vokalisierenden Chor imitiert, merkt man in seiner vergleichsweise übersichtlichen Stimmführung das „un“pianistische Moment durchaus an. In den mehr motorisch geprägten Abschnitten ist das Tasteninstrument dann allerdings klangvoller Schrittmacher für eine bisweilen an minimalistische Vorbilder erinnernde Musik, die allerdings nie ins Unendliche verbreitert ist, sondern sich eher kleinteilig weiterentwickelt. In Geige und Cello wechseln Kantilenen und bewegungsreichere Figuren ab, und auch improvisatorische Elemente haben ihren Platz. Vasks geht in allen drei Stimmen zwar nie an die klanglichen oder dynamischen Grenzen der Instrumente, doch wird der zur Verfügung stehende Farbraum von Steichern und Klavier überzeugend ausgenutzt.
Leben die Plainscapes in ihrer Originalfassung für Violine, Violoncello und Chor noch von der Spannung, dass die vokaleren Elemente den Streichern und eben gerade nicht den Chorstimmen zugeordnet sind, so hebt die Klaviertriofassung diesen nur scheinbaren Widerspruch auf, indem die Zuordnung von Melodie und rhythmischer Grundierung jetzt wieder den „natürlichen“ Verhältnissen entspricht. Den Zusammenhalt der drei Stimmen erreicht Peteris Vasks dabei weniger durch eine Ähnlichkeit des musikalischen Materials, das in Streichern und Klavier verarbeitet wird, als vielmehr durch die Annäherung in der tonlichen Ausgestaltung. So werden die Plainscapes zum kammermusikalischen Trio und eben nicht zum Doppelkonzert.
Daniel Knödler