Christian Jost

Pieces of a Dream

Simon Höfele (Flügelhorn/Trompete), Frank Dupree (Klavier), ­Christoph Sietzen (Vibrafon)

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Berlin Classics
erschienen in: das Orchester 1/2025 , Seite 77

Pieces of a Dream ist nicht nur der Titel der CD, sondern auch die Bezeichnung des knapp 50 Minuten langen neuen Trios, welches darauf zu hören ist.
Christian Jost, 1963 in Trier geboren, wählt für sein neues Werk eine ungewöhnliche Besetzung mit Trompete bzw. Flügelhorn, Klavier und Vibrafon. Das Trio besteht aus vier Sätzen, die mit ihren variierenden und teils wiederkehrenden Charakteren den Hintergrund für eine meditative Traumreise schaffen. Jost hat mit den drei jungen, aber bereits international gefeierten Künstlern Simon Höfele, Frank Dupree und Christoph Sietzen eine exzellente Auswahl getroffen.
Der erste Satz „Is it safe“ beginnt mit einem gesanglichen Flügelhornsolo, das den Verlauf des Stückes prägt. Mit seinem besonders sanften Flügelhornklang führt Höfele in den verträumten Klavierpart von Dupree ein, der wie eine musikalische Landschaftsmalerei erscheint.
Im zweiten Satz „Come to me“ erklingt erstmals das Vibrafon. Es erzeugt durch das Streichen der Metallplatten mit einem Streicherbogen einen Klangteppich für das Klavier, das bald darauf vom Flügelhorn mit lang gehaltenen Noten ergänzt wird. Ein Gefühl innerer Unruhe entsteht, das sich im Verlauf des Satzes zunehmend nach außen hin entfaltet und sich in der wachsenden Virtuosität der Instrumente widerspiegelt. Ein immer deutlicher werdender „Groove“, der an Minimal Music erinnert, entwickelt sich und entfaltet eine hypnotische Wirkung.
Der dritte Satz „Driven by a strange desire“ wird von Jost als der Höhepunkt des Trios bezeichnet. Hier setzt er erstmals die Trompete anstelle des Flügelhorns ein und verwendet diese markant und relativ hoch. Wie Jost im Booklet erklärt, gibt es eine beabsichtigte Vertikalität, welche die Musiker meisterhaft umsetzen und dadurch eine intensive und insistierende Wirkung erzeugen. Während das Vibrafon und das Klavier ein herausragendes Duo bilden, agiert die Trompete abwechselnd als Triopartner oder gezielter Störfaktor. Ein kurzes Innehalten in der Mitte des Satzes wird schnell von einem zunehmend perkussiven Schlussaufbau abgelöst.
Im finalen Satz „In my dream it’s all alive“ wird die Melancholie des Anfangs wieder aufgegriffen. Jost präsentiert die Vierteltöne des Flügelhorns erstmals exponiert und erzielt so eine harmonische Balance zwischen Spannung und Entspannung. Nach dem intensiven vorhergehenden Satz fühlt es sich an, als sei man schließlich erlöst und hätte das Nirwana erreicht. Der Satz vermittelt das Gefühl eines endlosen Marschs ins Unbekannte.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sowohl das Werk als auch die Interpretation der jungen Künstler in höchstem Maße überzeugend sind und einen wertvollen Beitrag zur zeitgenössischen Kammermusik leisten.
Tobias Krieger