Werke von Mussorgskij, Prokofjew, Schostakowitsch und Tschaikowsky

Pictures

Music for 8 horns and percussion, German Hornsound 8.1

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin GEN 15340
erschienen in: das Orchester 04/2015 , Seite 82

Können acht Hörner einem großen Orchester die Schau stehlen? Die Antwort findet sich im letzten Track dieser CD, dem „Großen Tor von Kiew“ aus Mussorgskijs Bildern einer Ausstellung. Die akustische Spannbreite des Dargestellten in solcher Besetzung ist schlichtweg atemberaubend: Der voluminöse achtfache Hornsound steigert sich vom Anfangs-Piano über schlichtes Choralspiel und wuchtige Glockenschläge zur Klangapotheose mit massigen paukenunterstützten Schlussakkorden. Dabei geht es hier gar nicht um Konkurrenz zum großen Orchesterklang, alle diese selbstgefertigten Bearbeitungen sollen ein anderes Hören anregen und den Charakter jedes einzelnen Stücks im Sujet und in der Farbmischung klanglich neu erfahrbar machen.
Jeder Einzelsatz wird zu einem musikalischen Unikat, alle 22 Tracks zusammen zu einer Gemäldegalerie völlig unterschiedlicher Pictures – wie sich die Produktion auch nennt. Die Inspirationsquelle dazu findet sich
bei Mussorgskijs Bildern, die als Klavierkomposition immer wieder von unzähligen Künstlern zu etwas Neuem bearbeitet wurden – von Ravel (Orchester) über Emerson, Lake & Palmer (Rockgruppe), Isao Tomita (Synthesizer), Oskar Gottlieb Blarr (Orgel), Elgar Howard (Brass Ensemble), Hans-Carsten Raecke (Soli, Chor, Synthesizer und Schlagwerk) bis Christian M. Fischer (8-Kanal-3D-Fassung), um nur einige Namen mit manch verblüffender Klangumsetzung zu nennen.
German Hornsound 8.1 – das renommierte Quartett um den Bamberger Solo-Hornisten Christoph Eß, erweitert um vier Hornfreunde und einen Perkussionisten, der auch Klavier und Celesta spielt – mischt Werkausschnitte dreier russischer Komponisten mit sieben der Mussorgs­kij-Pictures durcheinander zu einer in abwechselnder Andersartigkeit faszinierenden Bilderschau: Mussorgskijs „Hexentanz auf dem Berg Triglav“ schauerlich, gespenstisch; aus Schostakowitschs Varieté-Suite der zweite Walzer und der im geforderten Presto auf gleich acht Hörnern eigentlich kaum spielbare erste Tanz als atemberaubender Wirbelwind; aus Prokofjews Romeo-Ballett mit wuchtigen Schlägen der Tanz der Ritter; danach die Gewalt- und Wutszenen, die mit ihren sich verstörend reibenden Harmonien den Tod Tybalts und auch den Tod Julias beschwören; schließlich aus Tschaikowskys Nussknacker die Miniatur-Ouvertüre und drei Tänze, neben „Zuckerfee“ und „Kaffee“ der sich mitreißend steigernde „Trepak“, schließlich der bekannte Blumenwalzer im schwungvollen Hornklang-Dreivierteltakt…
Was German Hornsound 8.1 beabsichtigte, ist bezwingend gelungen: Bekanntes wurde verwandelt zu neuen musikalischen Bildern einer eigenen Picture-Galerie, die Sebastian Schorr, einen der acht Hornisten, auch noch zu mehr als einem Dutzend origineller schwarz-weiß-blauer Zeichnungen fürs Beiheft angeregt hat! Nach Siegfried & Violetta (siehe Besprechung in das Orchester 12/2013, S. 80) ist diese begeisternde Produktion ein neuer Höhepunkt fantasievollen Hornspiels!
Diether Steppuhn

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