Felix Mendelssohn Bartholdy

Piano Trios

Sternwald Trio

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Qmc
erschienen in: das Orchester 07-08/2018 , Seite 69

Freiburg ist romantisch, jedenfalls an dem Ort, wo die drei Musiker leben, die sich nach dem pittoresken Stadtteil mit hübschen Brunnen und verwunschenen Wanderwegen Sternwald Trio nennen. Der Geiger Wolfgang Schwarzmüller und die Cellistin Dita Lammerse tun seit mehr als einem Vierteljahrhundert Dienst im SWR Symphonieorchester, die Pianistin Aniko Drabon konzertiert, unterrichtet, ist Autorin einer Klavierschule und spielt seit Langem mit Schwarzmüller und Lammerse zusammen. Als Trio haben sich die drei Nachbarn aber erst 2015 zusammengefunden.
Erste Erfolge in der lebendigen Kulturlandschaft des Breisgaus ermutigten sie zu einer CD mit den beiden Mendelssohn-Trios, und das Ergebnis darf mit Fug als gelungen bezeichnet werden. Man hört in jedem Takt, dass die Musiker die Romantik als ihr Kernrepertoire pflegen. Gerade das d-Moll-Trio mit seinen wunderbaren melodischen Einfällen, dem publikumswirksamen und für die Spieler selbst äußerst dankbaren Einsatz der Streicher, dem prächtigen, virtuosen, gleichermaßen feinsinnig kammermusikalisch gedachten Klavierpart – das alles gerät in den Händen des Sternberg Trio zu einer großen, romantischen Aussage.
Aniko Drabon pflegt ein außergewöhnlich luzides Klavierspiel, der Steinway glitzert, die Läufe perlen, die vollen Hände verdecken nie das Spiel der Partner. Das ist ein Glück für jedes Trio. Und so können die Streicher nach Gusto und mit einem erstaunlichen Feeling für den gemeinsamen Ton und das gemeinsame Empfinden Musik machen.
Mendelssohn singt. Sowas kommt natürlich nicht von ungefähr. Das Sternwald Trio hat sich intensiv mit den Tempobezeichnungen befasst und spielbare, vor allem musikalische Lösungen gefunden. So erfährt der Hörer in der Großform Geschlossenheit, in den Details den Willen nach Harmonie. Das ist bemerkens- und bewundernswert.
Vielleicht trägt aber gerade das Ideal der konsistenten, einheitlichen Interpretation eine Schattenseite in sich. Bei aller Wertschätzung für die auch technisch in so ziemlich allen Belangen tadellose Leistung der Musiker vermisst man an manchen Stellen den Aspekt des Individuellen, ja vielleicht des Anarchischen, der Mendelssohns Musik ebenfalls innewohnt. Jeder Kammermusiker weiß, dass das Einbringen des persönlichen Ausdrucks ins Ensemble eine Gratwanderung bedeutet. Aber der Hörer ist dankbar für die ein oder andere Unwägbarkeit beim x-ten Erklingen etwa des Hauptthemas.
Was hier für die Interpretation des ersten Trios ausgeführt ist, gilt mit den Modifikationen, die das späte, sperrigere, in Ansätzen geradezu grüblerische Werk kennzeichnen, auch für das c-Moll-Trio. Dem Sternwald Trio gelingt – den bisweilen enormen technischen Anforderungen zum Trotz – auch hier eine mustergültige Einspielung. Von so viel Vertrautheit mit der Musik und Vertrautheit untereinander könnten sich so manche kammermusizierende Star-Ensembles unseres Musikbetriebs eine dicke Scheibe abschneiden. Man darf sich schon darauf freuen, demnächst mehr aus Freiburgs romantischem Sternwald zu hören.
Armin Kaumanns