Werke von Fauré, Schnittke und Brahms
Piano Quartets
Berlin Piano Quartet: Christophe Horák (Violine), Micha Afkham (Viola), Bruno Delepelaire (Violoncello), Kim Barbier (Klavier)
Ein sich verdichtender neoromantischer Klangteppich, gespickt mit Motiven von Gustav Mahler, steigert sich, immer freitonaler werdend, zu aufwärtsgehenden Streicherglissandi und zu perkussiven Clustereinwürfen des Flügels. Nach dem Kulminationspunkt entwickelt sich aus der Stille als Reminiszenz ein verhaltenes Scherzo-Fragment des damals 17-jährigen Mahler.
Wir befinden uns in Alfred Schnittkes Quartettsatz aus der im Mai 2015 im Kleinen Sendesaal des rbb Berlin aufgenommenen CD des Berliner Piano Quartets, erschienen bei Sony Music. So ist die erste CD-Aufnahme des Berliner Piano Quartets der Anfang eines Entdeckungsprozesses der Musiker, den sie langfristig angelegt haben. Dies schreibt Inge Kloepfer im informativen und persönlich formulierten Booklettext. Wenn sich drei Streicher der Berliner Philharmoniker und die hervorragende Pianistin Kim Barbier zu einer Kammermusikformation zusammenfinden, ist sicher etwas Besonderes zu erwarten. Die Aufbruchstimmung des ersten Klavierquartetts op. 25 vom damals noch jungen Johannes Brahms wird vom Ensemble mit einem energiegeladenen und gleichzeitig sehr ausgefeilten Spiel wiedergegeben. Diese Spielfreude gipfelt im Rondo alla Zingarese, unterstützt von leicht perlenden Läufen der virtuos agierenden Pianistin.
Eine Interpretation, die hohe Maßstäbe setzt, ist mit dem ersten Klavierquartett op. 15, komponiert 1879, von Gabriel Fauré zu hören. Das Berliner Piano Quartet agiert mit großer Emphatie für die farbenfrohen Melodiewendungen und die immer wieder überraschende Harmonik. Gleichzeitig nimmt sich jeder der drei Streicher in angenehmer Weise zurück im Dienste des Zusammenklangs, der schon beim Unisonobeginn von größter Homogenität ist. Damit bleibt jedes Detail deutlich und tritt in einen manchmal kraftvollen oder wie beim Scherzo verspielten Dialog mit dem Flügel. In seiner französisch gefärbten Harmonik (nicht impressionistisch wie es im Booklet steht), bewegt sich Faurés Werk zwischen der etwa zeitgleich entstandenen c-Moll-Sonate von Edvard Grieg für Violine und Klavier, manche Wendungen des zweiten Klavierkonzerts von Sergej Rachmaninow vorwegnehmend. Ausgesprochen beeindruckend gelingt dem Quartett das düstere und schwermütige Adagio mit seinen zahlreichen phrygischen Anklängen.
Die Abmischung der Tontechnik ist gut gelungen. Der Flügelklang ist ein wenig zurückgenommen und dadurch auch bei wuchtigen Akkorden nie zu massiv. Der Klang der drei Streichinstrumente bleibt weich und deutlich, was sicher mit dem ausgezeichneten Spiel, aber zudem mit einer guten Aussteuerung zu tun hat. Es wird natürlich nun spannend, was als nächste Einspielung vom Berliner Piano Quartet folgen wird. Diese inspiriert dargebotene und intelligent zusammengestellte erste Produktion hält auf jeden Fall einiges Besondere bereit.
Christoph J. Keller