Johannes Brahms

Piano Quartet No. 1 op. 25/Academic Festival Overture op. 80

Würth Philharmoniker, Ltg. Claudio Vandelli

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Northstar Recordings
erschienen in: das Orchester 05/2020 , Seite 72

Die Gründung eines neuen privat finanzierten Sinfonieorchesters ist in unseren Breiten, wo andere Orchester um Planstellen oder das Überleben kämpfen müssen oder zusammengelegt werden, durchaus ungewöhnlich. Der Name des Orchesters „Würth Philharmoniker“ verrät, dass der Unternehmer und Kunstmäzen Reinhold Würth und seine Musikstiftung das Orchester tragen. Würth hatte 2017, nachdem er die Förderung für Justus Frantz und dessen Philharmonie der Nationen eingestellt hatte, das Orchester gegründet, das zunächst 15 festangestellte Musiker hatte und überwiegend mit Musikern aus (ost-)europäischen Ländern und der Region Hohenlohe-Franken zu einem groß besetzten Sinfonieorchester verstärkt wird. Der Sitz des Orchesters ist das Carmen Würth Forum in Künzelsau mit seinem Kammer-
musiksaal mit 580 Plätzen, in dem auch die CD produziert wurde.
Der Italiener Claudio Vandelli, der bereits mit vielen angesehenen Orchestern gearbeitet hat, ist seit Beginn des Jahres Chefdirigent der Würth Philharmoniker. Für das Orchester-Debüt hat er mit der Instrumentierung des Klavier-Quartetts op. 25 von Johannes Brahms durch Arnold Schönberg ein das gesamte Orchester herausforderndes Werk gewählt. Vandelli erzielt einen ausgewogenen, kompakten Klang, der dennoch die einzelnen Instrumentengruppen in der motivisch vielschichtig angelegten und an wechselnden Klangfarben reichen Orchestrierung dank der ausgefeilten Dynamik deutlich werden lässt.
Es wird mit sehr viel Elan musiziert und das Orchester folgt den vorantreibenden Impulsen Vandellis mühelos. Während im ersten Satz die virtuos aufspielenden Blechbläser Akzente setzen, zeigt der zweite Satz mit eleganten Bläserfiguren viel Leichtigkeit. Die Streicher gestalten besonders im dritten Satz die weitgeschwungene Melodik sehr homogen und ohne falsches Pathos. Das beschließende „Rondo alla zingarese“, mit entsprechendem instrumentenspezifischen Kolorit von Schönberg ausgestattet, sprüht vor Temperament und die Musiker werden zu Höchstleistungen angetrieben. In den dynamischen Steigerungen werden dabei auch die Grenzen erreicht, die über die Kapazitäten des Aufnahmeraumes hinausgehen. Schönbergs geniale sinfonische Überhöhung des Brahms’schen Kammermusikwerks ist eine beeindruckende Visitenkarte eines vielversprechenden Orchesters.
Die Akademische Festouvertüre, die Johannes Brahms 1880 aus Anlass der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Breslau komponierte, wirkt nach dem rasanten Abschluss des Klavier-Quartetts wie eine Zugabe. Die mit Studentenliedern, die in typischer Brahms-Manier kontrapunktisch verarbeitet werden, den inhaltlichen Bezug herstellende Musik wird lustvoll unbekümmert musiziert.
Heribert Haase