Ludwig van Beethoven
Piano Concertos 0-5
Mari Kodama (Klavier), Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Ltg. Kent Nagano
Wie bei anderen Gattungen hat Beethoven auch für das Instrumentalkonzert monumentale Maßstäbe gesetzt. Von besonderer Bedeutung sind dabei seine Klavierkonzerte, wobei namentlich in den Klavierkonzerten Nr. 4 und Nr. 5 die Idee des sinfonischen Konzerts zu voller Entfaltung gelangt. Innerhalb der Rezeption stehen allerdings die fünf mit Opuszahlen versehenen Klavierkonzerte im Fokus der Wahrnehmung – ähnlich wie bei Beethovens Klaviersonaten, wo die 32 mit Opuszahlen versehenen Werke zum Inbegriff seines Sonatenschaffens wurdenn.
Analog verhält es sich auch mit Beethovens frühem Klavierkonzert in Es-Dur WoO 4, welches gern auch als das „Nullte“ bezeichnet wird, um es in die Reihe seiner bekannten Konzerte einzuordnen. Es steht abseits der gängigen Wahrnehmung und ist einem größeren Publikumskreis in der Regel unbekannt. Dass die vorliegende Einspielung durch das Künstlerehepaar Mari Kodama und Kent Nagano mit genau diesem Jugendwerk des Meisters eröffnet wird, sichert der Aufnahme bereits eine Ausnahmestellung. Während aus den Klavierkonzerten Nr. 1 und Nr. 2 zuweilen die Tonsprache Mozarts und Haydns herauszuhören ist, finden sich in dem jugendlichen Konzert stilistische Elemente, welche an Johann Christian Bach und an Einflüsse von Beethovens Bonner Lehrer Christian Gottlob Neefe denken lassen. Für viele Hörer wird die Einbeziehung dieses Jugendwerks somit zu einer Horizonterweiterung in Bezug auf Beethovens Konzertschaffen führen.
Ein wahrer Hörgenuss ist die stets flüssige und sehr leicht anmutende Spielkunst Kodamas, welche die gesamte Aufnahme auszeichnet. Gepaart mit geschickt gestalteten Phrasierungen tritt hierdurch zum Beispiel im Refrain des Rondo-Finales aus dem Konzert Nr. 1 dessen humoresker Charakter eindrucksvoll hervor. Als zusätzliches Schmankerl enthält die Aufnahme auch das Tripelkonzert op. 56. Gegenüber den ausgedehnten Cello-Einsätzen kommt dem Klavier hier in weiten Teilen eine mehr begleitende Rolle zu. Auch insoweit beweist Kodama ein ausgesprochenes Feingefühl: Ihre Interpretation mit dem Cellisten Johannes Moser und dem Violinisten Kolja Blacher erweist sich als facetten- und farbenreiches Zusammenspiel. Alle drei Instrumentalisten formen gemeinsam mit dem Orchester ein überaus ansprechendes Gesamtbild.
In den sinfonisch geprägten Konzerten Nr. 4 und Nr. 5, in denen das Klavier häufig die Rolle mit dem Orchester tauscht, kommt das präzise abgestimmte Zusammenwirken aller Musiker besonders zum Ausdruck. Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin findet hier unter der Leitung von Kent Nagano – zugleich Ehrendirigent des Klangkörpers – die richtige Balance für ein gleichberechtigtes Nebeneinander.
Abgerundet wird diese künstlerisch in jeder Hinsicht perfekte Einspielung durch das umfangreiche Booklet mit zahlreichen Details aus der Entstehungsgeschichte von Beethovens Klavierkonzerten, was über das Hörerlebnis hinaus einen umfassenden Einblick in sein Konzertschaffen ermöglicht.
Bernd Wladika