Werke von Richard Addinsell, Nino Rota und Astor Piazzolla
Piano Concertos
Donka Angatscheva (Klavier), Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach, Ltg. Stefan Fraas
Astor Piazzolla, zu Lebzeiten vor allem als unsteter Wanderer zwischen Jazz, Tango und Filmmusik wahrgenommen, wird heute zu den herausragenden Komponisten des 20. Jahrhunderts gezählt. Seine Kunst, „hohe“ und „niedere“ Sphären der Musik glücklich zu verschmelzen, sein Vermögen, aus denkbar spröden, simplen Bausteinen über alle Maßen Schönes, Rätselhaftes zu schaffen, können nicht genug gerühmt werden. Vornean stehen dabei die Stücke, die er für sein mit Bandoneon, Klavier, Violine, Gitarre und Cello besetztes Quinteto Nuevo Tango schrieb, Werke, die sich durch einprägsame Themen, markantes Kolorit und eine zupackende, kühne Architektur auszeichnen. Mittlerweile haben die unterschiedlichsten Ensembles diese Schätze für sich in Beschlag genommen.
So hat vor Kurzem auch die Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach zusammen mit der jungen bulgarischen Pianistin Donka Angatscheva zwei Piazzolla-Kompositionen eingespielt: die Filmmusik-Sequenz La muerte del ángel und die Antonio Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ nachempfundenen Las Cuatros Estaciones Porteñas. Den Aufnahmen liegen Arrangements für zwei Violinen, Viola, Cello, Kontrabass und Klavier zugrunde, die aus der Feder des legendären Tango-Cellisten und Piazzolla-Vertrauten José Bragato stammen. Die Vogtland Philharmonie besetzt die einzelnen Stimmen acht-, sechs-, fünf-, vier- bzw. dreifach, formiert damit ein für das Repertoire schon recht opulentes Streichorchester.
Das Ergebnis kann sich hören lassen. Stefan Fraas, der für die Einspielungen verantwortlich zeichnet, nimmt Piazzollas Würfe nicht als Vorlage für ein klaviergestütztes, auf Hochglanz getrimmtes Orchesterkonzert. Der langjährige Intendant und Dirigent der „Vogtländer“ ist allerdings auch nicht darauf aus, das Intime, Biegsame, Spielerische, im guten Sinne Fragile des Quintetos passgenau zu imitieren. Die im Reichenbacher Neuberinhaus entstandenen Aufnahmen haben ein eigenes Gepräge. Die Streicher der Philharmonie favorisieren einen schlanken, herben Ton, agieren wie auch die Pianistin rhythmisch haarscharf, entfachen einen permanenten bohrenden Drive. Beide Seiten haben darüber hinaus ein Gespür für die oft sprachlos machenden Brüche und Leerstellen dieser Musik. Dazu kommen mit Sergei Synelnikov (Violine) und Peter Manz (Violoncello) zwei Solisten, denen das aus lateinamerikanischer Folklore und Klezmer gespeiste subtile Cantabile Piazzollas auf den Leib geschrieben scheint.
Ergänzt wird die CD Piano Concertos durch Richard Addinsells glutvoll interpretiertes, wohltuend schwer und dunkel klingendes „Warschauer Konzert“ und Nino Rotas pointiert gebotene, virtuosen Esprit verströmende Suite Concerto soirée.
Volker Müller