Ullmann, Viktor / Ludwig van Beethoven

Piano Concerto op. 25 / Piano Concerto No. 3 in C Minor op. 37

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Oehms Classics OC 833
erschienen in: das Orchester 05/2013 , Seite 75

Die Beschäftigung mit der Musik von Komponisten wie Viktor Ullmann, Erwin Schulhoff, Gideon Klein oder Hans Krasa, die Opfer der Nationalsozialisten wurden und deren Œuvre lange kaum bekannt war, sollte nicht nur eine moralische Verpflichtung sein. Die Werke zeigen auch, gerade im Fall Victor Ullmanns, was für einfallsreiche Musik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand, deren weitere Verbreitung, besonders im Konzertleben, dringend nötig wäre.
Dass sich der junge, aufsteigende Pianist Herbert Schuch nach Konrad Richter (Bayer) und Igor Ardasev bei Orfeo für das 1939/40 entstandene Klavierkonzert von Ullmann einsetzt, ist ein Gewinn. Schuch präsentiert bei seiner ersten Einspielung zusammen mit einem Orchester mit dem estnischen Dirigenten Olari Elts und dem engagierten WDR Sinfonieorchester Köln neben dem viersätzigen, groß besetzten – Banjo inklusive! – Ullmann-Konzert auch das dritte von Ludwig van Beethoven.
Während bei der Liveeinspielung von Ardasev und der sehr dunkel timbrierten Tschechischen Philharmonie unter der Leitung des sich stets für Raritäten einsetzenden Gerd Albrecht der Gesamteindruck etwas gehetzt wirkt, ist Schuch überlegter, oftmals klarer. Das Tocattenhafte des Kopfsatzes wird stringent ausgeformt, gemeinsam mit dem Dirigenten und dem WDR Sinfonieorchester wird bei den beiden Binnensätzen die Mahler-Nähe hörbar, die bei Ullmann aber nie zum Epigonalen tendiert. Schuchs Anschlagskultur setzt hier Maßstäbe. Alles wirkt im Detail von Pianist und Orchester sehr deutlich ausgeformt, das Klavier klingt oft nach obligatem Orchesterinstrument. Dennoch bleibt Schuch dem Klavierpart nichts schuldig, auch wenn Ullmanns Partitur keinen Raum für Solisteneitelkeit lässt. Dafür verbindet Solist und Dirigent eine gemeinsam vorwärtsdrängende Ausdruckskraft. Geschärfte Klänge kommen zu ihrem Recht, ohne dass die Blechbläser unkontrolliert klängen. Es ist momentan die empfehlenswerteste Einspielung des Konzerts.
Mit dem c-Moll-Konzert von Beethoven stellen Schuch und Elts sich indes einer kaum überschaubaren Konkurrenz an guten und hervorragenden Einspielungen. Schuch und sein Dirigent nehmen sich viel Zeit für den Kopfsatz. Besonders der Pianist zeigt sich sehr detailverliebt, das Neue des Konzerts, die Abkehr von virtuoser Selbstdarstellung hin zum Partnerschaftlichen von Solist und Orchester steht im Vordergrund. Musiziert wird auf hohem Niveau, wobei der direkte Vergleich mit der jüngst veröffentlichten Lesart von Leif Ove Andsnes bei Sony nicht nur infolge des überlegenen Spiels des Mahler Chamber Orchestra – die Streicher sind hier eine Klasse für sich – die Grenzen des aus Rumänien stammenden Pianisten zeigt. Da kann Schuch trotz eines intensiv gestalteten langsamen Satzes und des sehr differenziert angegangenen Rondofinales nicht ganz mithalten. Andsnes in Personalunion von Dirigent und Solist setzt mit dem Mahler Chamber Orchestra andere Maßstäbe. Vielleicht wäre eine Koppelung des Ullmann-Konzerts mit einem weiteren Konzert aus den 1920/30er Jahren sinnvoller gewesen.
Walter Schneckenburger