Béla Bartók

Piano Concerto No. 3/Concerto for Orchestra

Javier Perianes (Klavier), Münchner Philharmoniker, Ltg. Pablo Heras-Casado

Rubrik: CDs
Verlag/Label: harmonia mundi
erschienen in: das Orchester 06/2018 , Seite 69

Sein 3. Klavierkonzert schrieb Béla Bartók auf dem Krankenbett im Sommer 1945. Die letzten sieben Takte konnte er nur noch in einer Art Stenografie notieren, vollendet hat sie sein Schüler Tibor Serly. Der leukämiekranke Bartók starb am 26. September in Manhattan in New York. Das Konzert wurde posthum uraufgeführt.
Über raunendem Streichergrund wird hier der erste Satz von den Münchner Philharmonikern unter der inspirierenden Leutung von Pablo Heras-Casado eröffnet. Das weitgespannte Hauptthema kann sich so bestens entfalten. Die kunstvolle akkordische Verarbeitung der einzelnen Satzteile durch das Klavier gelingt dem souveränen Pianisten Javier Perianes eindringlich und glutvoll. Die verlockenden Möglichkeiten graziöser Umspielung und Umdeutung werden hier gut genützt. Und in der Scherzando-Episode ist das Ausgangsthema kaum noch wiederzuerkennen. Im zweiten Thema dominiert filigran die Holzbläsermelodie. Die Sonatenform tritt klar hervor. Und die Überleitung zur Reprise überzeugt aufgrund des konzentrierten pianistischen Spiels von Javier Perianes.
In ruhiger Weihe entfaltet sich das berührende Hauptthema im zweiten Satz. Die Umkehrung der Strophenzeilen durch Streicherzwischenspiele gelingt mit den Münchner Philharmonikern vorzüglich. Das Drei-Noten-Motiv des Klaviers zuckt gleichsam blitzartig auf, es folgt die grausige Zerstückelung des Choralthemas. Und mit stürmisch vorwärtsdrängenden Klavierpassagen überrascht das Finale mit seinem vollgriffigen Klaviermotiv, das atemlos daherkommt. Erdnahe Kraftfülle beherrscht imponierend diesen letzten Satz, bei dem der Pianist ganz aus sich herausgeht. Eine rhythmische Figur fängt den wilden Aufprall ab. Die Neigung zum Fugato ist hier allerdings immer wieder deutlich herauszuhören, könnte zuweilen sogar noch profilierter sein.
Noch detaillierter gelingt auf dieser CD die Wiedergabe des Konzerts für Orchester, das Bartók zum Gedenken an Nathalie Kussewitzky im Jahr 1943 schrieb. Die solistischen und konzertanten Neigungen der Instrumente stechen bei dieser Interpretation präzis hervor. Der lyrische Seitengedanke in den Oboen geht nicht verloren – und der Schwung des Hauptthemas erhält strahlende Klarheit. Im zweiten Teil reißt das wirbelnde „Spiel der Paare“ die Zuhörer unmittelbar mit. Das Fagottpaar beginnt im Abstand eines Sextintervalls in atemloser Grandezza den Reigen. Impressionistisch wirkt die Elegie als dritter Satz, die von leidenschaftlichem Schmerz erzählt. Harfenglissandi sowie auf und ab wogende Holzbläserpassagen umhüllen aufwühlend die Oboenmelodie. Der Dirigent Pablo Heras-Casado arbeitet die einzelnen Orchesterstimmen vor allem bei den Streichern in dichter Fülle heraus.
Alexander Walther