Werke von Thomas Attwood Walmisley, Maurice Ravel, Francis Poulenc und anderen
Pastorale
Katsuya Watanabe (Oboe), Ulugbek Palvanov (Klavier)
Das Vibrato flirrt herrlich silbrig, der Ton ist leicht und hell und doch kernig. Katsuya Watanabe geht den ersten Satz (Elegie) von Poulencs Oboensonate ruhig an, artikuliert sehr genau und lässt die Musik sanft fließen. Akzente, wo nötig, spielt er kraftvoll, aber immer delikat geschmackvoll. Das Staccato im zweiten Satz (Scherzo), vom Pianisten Ulugbek Palvanov erstklassig sekundiert, hüpft ansprechend leicht. Die Technik glänzt bis in die letzte Wendung sauber und unangestrengt. Die etwas verträumten Kantilenen kostet Watanabe dabei voll aus. Auch den zweiten Satz lässt er mehr fließen, als dass er ihn aus der Oboe treibt. Der Wohlklang, handwerklich bravourös ausgeführt, dominiert. Auch die Déploration (dritter Satz) stimmt in sich musikalisch, könnte aber ein bisschen mehr Temperament in der Mitte vertragen. Dafür verzichtet Watanabe auf jede Effekthascherei.
Die Sonatine Nr. 1 von Thomas Attwood Walmisley eröffnet diese CD. Romantisch und expressiv ist diese Musik, ein kleines bisschen sentimental und von Watanabe mit seinem silbrigen Vibrato verzuckert. Ab der Mitte wird es etwas bewegter und endet fröhlich. Ein hübsches, gut gewähltes Werk für den Anfang, von beiden Musikern grandios hingelegt, wenn auch das kurze Accelerando am Ende ein wenig zu engagiert wirkt.
Maurice Ravels Pièce en forme de Habanera im Arrangement für Oboe und Klavier ist ein Zuckerl. Intensiv sich im Tempo steigernde Triller und viel Dynamik, immer in Kombination mit andauerndem Vibrato, lassen das kleine Werk strahlen. Pianist Palvanov begleitet die sehnsuchtsvoll singende Oboe dezent.
Michael Head schrieb Three Pieces for Oboe and Piano für die Oboistin Evelyn Rothwell, die später die zweite Ehefrau des Dirigenten John Barbirolli wurde. Der ruhigen Gavotte folgt ein weiterer langsamer Satz: purer Klanggenuss, bei Watanabe in den besten Händen. Butterweich fließt diese Musik dahin, passend zum Titel der CD. Auch das Presto hüpft entspannt daher, wieder technisch exzellent ausgeführt.
Spätestens jetzt wünscht sich mancher Hörer sicher jedoch ein wenig Würze, einen Hauch Neuer Musik mit reibenden Dissonanzen vielleicht, oder den Schwung barocker Motorik. Da kommt die fröh-
liche Artikulationsstudie Hora Staccato von Grigoria? Dinicu mit ihrer folkloristischen Melodik wie gerufen. Watanabe kitzelt einen reichlich sauberen Klezmer aus der Oboe, lässt sie jauchzen und tanzen. Das sind ein paar Minuten unbeschwerter Fröhlichkeit.
Am Ende dann ein längeres Werk, Benjamin Godards Légende Pastorale. Kantilenen eröffnen, wieder elegant und sauber intoniert. Und genauso verträumt bleibt es, wenn auch ein bisschen Dramatik durchschimmert. Watanabes Oboe klingt wieder in allen Lagen ausgewogen.
Es ist eine mutige Sache, eine CD fast ohne technische Husarenritte vorzulegen. Langweilig wird es nicht, aber so viel musikalische Schönheit ist tatsächlich auch eine Herausforderung an den Hörer.
Heike Eickhoff