Werke von Ernst von Dohnányi, Jean Françaix, Johann Sebastian Bach und anderen
Passion
Leipziger Streichtrio
Schon allein die Zusammenstellung der Stücke auf dieser CD macht sie extrem attraktiv: ein Klassiker, einige Raritäten und dazu viel 20. Jahrhundert. Endgültige Überzeugungskraft verleihen diesem bunten Trioreigen aber die Musiker des Leipziger Streichtrios, die ganz fernab von Saiten-Askese, die man gemeinhin mit ihrer Besetzung verbindet, so richtig musikalisch zur Sache gehen. Dabei wird nicht „geholzt“ oder brutal gegen den Strich gebürstet. Im Gegenteil: Sehr häufig, gerade in Ernst von Dohnányis Serenade C-Dur op. 10, gewinnt man den Eindruck, sie hätten Adrian Iliescu (Violine), Atilla Aldemir (Viola) und Rodin Moldovan (Violoncello) irgendwo in einem verstaubten Archiv die originalen Spielanweisungen des Komponisten gefunden, nach denen sie das Werk so transparent wie überzeugend, so detail- wie kontrastreich darstellen.
Zum Glück ist die Tontechnik alles andere als archivverdächtig, sondern sehr direkt und plastisch, ohne dabei aufdringlich zu sein. So hört man den drei Musikern, die sich rund um das MDR-Sinfonieorchester in Leipzig gefunden haben, gebannt zu und vermag jedes noch so kleine Detail zu vernehmen, die Sauberkeit der Intonation und die Vielschichtigkeit des Trioklangs zu bewundern. Neben der Serenade von Ernst von Dohnányi, die sich doch bisweilen sinfonisch im Kammergewand gibt, kann auch Jean Françaix‘ viersätziges Trio aus dem Jahr 1933 überzeugen. In manchen Momenten während der raschen Sätze hat man hier den Eindruck, als würden die drei Streicher durch einen imaginären Trickfilm mit Tom & Jerry hetzen – blitzsauber, reaktionsschnell und mit viel Spielwitz.
Die darauffolgende Bearbeitung der berühmten Chaconne aus Johann Sebastian Bachs zweiter Violinpartita führt in eine ganz andere Welt. András von Toszeghi hat mit seiner Trioversion ein Meisterstück für diese Besetzung abgeliefert, der es ja schon etwas an Repertoire in der Vorklassik mangelt. Adrian Iliescu, Atilla Aldemir und Rodin Moldovan verschmelzen in der Chaconne fast zu einem einzigen Instrument, so homogen und fein abgestimmt wird hier gestaltet. Größe erreicht das Leipziger Streichtrio dabei nicht unbedingt durch einen druckvollen Ton, sondern durch viel klangliche Geschlossenheit und Tiefenschärfe.
Zwei Raritäten beschließen das Trio-„Kontrastprogramm“: Jean Sibelius ist mit einem durchaus sinfonisch im Anspruch daherkommenden Satz in g-moll vertreten, den die drei Leipziger zu einem orchestralen Mini-Drama ausbauen. George Enescus Aubade dagegen findet zurück zum leichten, spielfreudigen Ansatz der beiden Eröffnungswerke. Das Leipziger Streichtrio zeigt eindrucksvolle Bogen- und Griffarbeit, die in Klang, Konturen und Beweglichkeit so ausgezeichnete Ergebnisse erzielt, als würden die drei Streicherkollegen schon ihr ganzes musikalisches Leben miteinander auftreten.
Daniel Knödler