Masur, Tomoko & Kurt

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Rubrik: CDs
Verlag/Label: querstand VKJK 0419
erschienen in: das Orchester 11/2005 , Seite 96

Als der Dirigent Kurt Masur im Jahr 1974 in Rio de Janeiro gastierte, fiel ihm im dortigen Sinfonieorchester eine japanische Bratscherin auf: Tomoko Sakurai. Der seit kurzem verwitwete Masur war von der jungen Musikerin sofort tief beeindruckt. „Ich spürte von Beginn an: Da ist dir jemand geschickt worden, an dem du nicht vorbeikommst!“ Doch führten die Wege der beiden nicht sofort zusammen. Tomoko Sakurai, wiewohl interessiert sich in Deutschland weiterzubilden, wollte dies nicht in der DDR tun, aber nach einem Besuch in Leipzig änderte sie ihre Meinung. Sie nahm ein Gesangsstudium in Leipzig auf und wurde im Juli 1975 Kurt Masurs Frau. Zwei musikalisch begabte Kinder wuchsen in dieser Partnerschaft auf: die aus früherer Ehe Kurt Masurs stammende Tochter Carolin, heute eine bekannte Mezzosopranistin, und der 1977 geborene gemeinsame Sohn Ken-David, der ebenfalls Gesang studiert und zudem als Dirigent aktiv ist.
Eine Art Familienalbum der Masurs bildet die vorliegende CD-Veröffentlichung, die alle vier Mitglieder musikalisch zu Wort kommen lässt und mit Schwerpunkten im Bereich der deutschen und der japanischen Musik den kulturellen Brückenschlag innerhalb dieser Partnerschaft bezeichnet. Kurt Masur ist dabei nicht nur als Dirigent beteiligt, sondern übernimmt auch den Klavierpart in den Liedern und Gesängen, die Tomoko Masur darbietet. Von besonderem Repertoirewert sind dabei einige der Lieder von Kosaku Yamada, der als Schüler Max Bruchs in der deutschen Klavierliedtradition steht, in seiner Melodieführung aber auch zarte fernöstliche Anklänge vernehmen lässt.
Nicht immer scheint Tomoko Masurs Sopran beim Vortrag der einzelnen Stücke optimal fokussiert. Besonders die Höhen wirken recht vibratoreich und manchmal etwas scharf. Dieser Eindruck bestätigt sich bei der Cantilena aus den Bachianas Brasileiras Nr. 5 von Heitor Villa-Lobos und bei Mozarts Motette Exsultate, jubilate, doch weiß die Sängerin auch lyrisch erfüllte Momente zu gestalten, was ihr am überzeugendsten in zwei Liedern von Gabriel Fauré gelingt.
Kurt Masur steuert mit dem Orchester der Leipziger Hochschule für Musik und Theater, die nach Felix Mendelssohn Bartholdy benannt ist, zwei Werke dieses Komponisten bei: Dem bekannten Hochzeitsmarsch aus der „Sommernachtstraum“-Musik stellt er in schwungvoller Wiedergabe die weniger geläufige Ouvertüre zu Ruy Blas zur Seite. Dankbar erinnert man sich in diesem Moment, wie engagiert Tomoko und Kurt Masur sich einsetzten, als es galt, das ehemalige Leipziger Wohnhaus Mendelssohns gegen kommerzielle Interessen als Gedenkstätte zu erhalten.
Die „Musikalische Reise durch das Leben der Familie Masur“ vereint alle ihre Mitglieder im Terzettino „Soave sia il vento“ aus Mozarts Così fan tutte. „All ihr Elemente seid freundlich und linde“: wunderschön sanft wiegend und in tragendem piano erklingt dieser in der Realität so utopische Wunsch Mozarts und da Pontes.
Gerhard Dietel