Lang, Siglinde

Partizipatives Kulturmanagement

Interdisziplinäre Verhandlungen zwischen Kunst, Kultur und Öffentlichkeit

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Transcript, Bielefeld 2015
erschienen in: das Orchester 02/2016 , Seite 66

Siglinde Lang diskutiert in ihrer Dissertation die Gestaltung von Kulturmanagement durch Partizipation. Als grundlegende Herausforderung des Kulturmanagements sieht Lang die Förderung gesellschaftlicher Mitbestimmung, indem anstatt eines Angebots primären Kunstkonsums eine aktive Koproduktion der Kultur ermöglicht wird.
Die Autorin stellt dem Leser zunächst verschiedene Überlegungen zur Entwicklung des Kulturmanagements vor. Im Vordergrund steht die Frage nach der Rolle des Kulturmanagements als Vermittlungsinstanz von Kunst und Kultur zur Förderung von Demokratisierungsprozessen. Um dies genauer zu beleuchten, widmet die Autorin einen längeren Abschnitt Themen wie Intervention und zivile Mitbestimmung und möchte Kultur – im Sinn des britischen Kulturtheoretikers Raymond Williams – als gelebte Alltagspraxis verstanden wissen. Dies führt konsequenterweise zu der Forderung, Kultur kollaborativ zu produzieren. Diese Form der gemeinschaftlichen kulturellen Bedeutungsproduktion ist gleichsam ein Akt der Herstellung von Öffentlichkeit, wie die Autorin anhand Jürgen Habermas’ Idee von Öffentlichkeit aufzeigt; der deutsche Philosoph und Soziologe begreift hierunter das Handeln der Bürger als zentrale Dimension. In einem weiteren Abschnitt betrachtet Siglinde Lang Positionen zur zeitgenössischen Kunst, um die Kunst als Initiatorin von Kommunikation und als soziokulturelles Handlungsfeld zu begreifen.
Nachdem die ersten zwei Drittel der Publikation stark theorieorientiert sind, ermöglicht die Autorin im letzten Drittel mit dem empirischen Teil der Arbeit einen Blick in die Praxis. Anhand von Fallstudien und Interviews werden fünf Kulturprojekte und Kulturbetriebe aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vorgestellt, um den Ansatz des partizipativen Kulturmanagements greifbar zu machen. So erfährt der Leser beispielsweise anhand des Podium Musikfestivals in Esslingen etwas über die Möglichkeiten und Grenzen der Idee des gemeinschaftlichen Kulturmanagements: Durch ein Interview mit dem künstlerischen Leiter des Festivals, Steven Walter, erfährt der Leser, dass sich Walter als Verfechter von kollaborativen Prozessen versteht. Es ist die Rede von einer Organisation, bei der jeder so viel macht, wie er kann und so viel er will. Zumindest in Bezug auf die künstlerische Programmatik räumt Walter allerdings aber auch ein: „Am Ende entscheide ich dann doch.“
Siglinde Lang entwickelt, basierend aus den theoretischen Überlegungen und empirischen Forschungsergebnissen, ein Ablaufmodell partizipativer Kulturmanagementprozesse sowie ein Modell, das den Kulturmanager insbesondere in einer Rolle als Moderator dieser Prozesse vorsieht.
Als Dissertation versteht sich die Publikation nicht als Leitfaden für die operative Praxis. Die Entwicklung eines solchen wird vielmehr von der Autorin explizit zum Schluss vorgeschlagen. Stattdessen liefert Langs Arbeit einen anregenden Impuls zum Rollenverständnis der Akteure, die im Prozess des Kulturmanagements involviert sind.
Lorenz Pöllmann