Beethoven, Ludwig van

Parthia Es-Dur op. 103 / Rondo Es-Dur WoO 25

für Bläseroktett, Urtext, hg. von Egon Voss, Stimmen / Studienpartitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Henle, München 2015
erschienen in: das Orchester 06/2016 , Seite 66

Bläsermusik und Beethoven? Ja, gibt’s denn so eine Verbindung? Blickt man in seinen Thematischen Katalog, findet sich tatsächlich wenig Musik für Bläser- bzw. für Harmoniemusik, also für klassisches Bläseroktett mit der üblichen Besetzung mit je zwei Hörnern, Oboen, Klarinetten und Fagotten, die einst an verschiedenen Fürstenhöfen zur Unterhaltung aufspielten. Das Bläsersextett Es-Dur op. 71, ein unvollendetes Bläserquintett und das Bläsertrio op. 87 sind neben drei Equale für vier Posaunen noch ergänzend zu erwähnen. Neben spezifischer Originalliteratur führten jene Harmoniemusikensembles im Allgemeinen später auch Bearbeitungen von Ouvertüren und Arien aus beliebten Opern auf und waren in ihrer ausbaufähigen Besetzung Grundlage für die späteren Militär- und Kurkapellen sowie das Laienblasmusikwesen.
Beethovens Bläseroktett Es-Dur op. 103 entstand bereits vor 1792, als er in Diensten der Bonner kurfürstlichen Kapelle von Maximilian Franz stand, der neben seinem großen Orchester noch eine Harmoniemusik unterhielt. In Wien soll Beethoven als Lehrer von Joseph Haydn – brieflich belegt – das Oktett überarbeitet und mit einem neuen Finale versehen haben: Welches nun aber das ursprüngliche Finale ist, bleibt ebenso strittig wie die Möglichkeit einer späteren (Rein?-)Fassung der ersten drei Sätze. Zwar notierte Beethoven „im Autograph der Parthia im Anschluss an den 3. Satz die ersten acht Takte der Stimme des 1. Horns“ aus besagtem Rondo WoO 25, dennoch wird aufgrund der ungleichen technischen Anforderun­gen an die Hörner die Zusammengehörigkeit bezweifelt.
Beides, die Parthia – die Bezeichnung für eine unterhaltende Musik – und das Rondo, sind von Egon Voss für den praktischen Gebrauch neu herausgegeben worden. Sie übernehmen „den Notentext aus der neuen Beethoven-Gesamtausgabe Beethoven Werke, Abteilung VI, Bd. 1, Kammermusik mit Blasinstrumenten, München 2008“, für die Voss ebenfalls verantwortlich zeichnete.
Die hohe Opuszahl verwirrt zunächst, suggeriert sie doch ein Werk aus späterer Lebenszeit. Sie wurde jedoch unbearbeitet posthum im Jahr 1830 veröffentlicht. Außerdem hatte Beethoven diese Opusnummer keinem Werk zugeordnet. Das Oktett, für das er sich in dieser Fassung später wohl nicht mehr interessiert hatte, erfuhr 1795 eine tiefgreifende Umarbeitung zum Streichquintett op. 4. Es hat indes mit dem Bläserwerk nicht mehr viel gemein.
Voss bemerkt sowohl im zweisprachigen Vorwort als auch im Kritischen Bericht, der „Benutzer der Edition sollte sich bewusst sein, dass er ein Werk vor sich hat, das seine Gestalt nicht erreicht hat“. Es handelt sich also lediglich um ein „Arbeitsmanuskript“. Bei der Edition schied jeweils die Erstausgabe als Quelle aus, da sie unbearbeitet veröffentlicht wurden. Die „autographe Partitur [war] die allein maßgebliche Grundlage“. Im Fall des Rondos – in der Erstausgabe als „Rondino“ bezeichnet – handelt es sich hingegen um eine Reinschrift, welche es dem Herausgeber leichter machte, Fehlendes zu ergänzen oder anzumerken.
Werner Bodendorff