Michael Frank Meier, Reiner Metzger
Pahud
Igor Strawinsky, Yehudi Menuhin, Daniel Barenboim, Alfred Brendel, Herbert Blomstedt – diese Namen stehen ohne Wertung exemplarisch für den Kreis der handverlesen ausgewählten Preisträger und Preisträgerinnen, die mit der Verleihung des Léonie-Sonning-Musikpreises seit 1959 in ununterbrochener Folge für ihr Schaffen und ihr Lebenswerk geehrt wurden. In diesem Jahr aufgenommen in diesen Kreis wurde Emmanuel Pahud. Anlässlich dieser Preisverleihung erschien nun vorliegender Band Pahud im Weber Verlag.
Wie wird man einem singulären Phänomen eines Ausnahmemusikers, dessen Metier ja der Klang ist, in einem Printmedium gerecht? Michael Frank Meier (Text) und Reiner Metzger (Fotografien) geben in diesem Prachtband vor, wie es gelingen kann: Meier nimmt uns mit auf eine Reise der fein ausgeloteten Verbalisierung eines Phänomens, das man eigentlich nicht mit den vergleichsweise plumpen Mitteln der Sprache fassen kann – vor allem nicht vor dem Hintergrund des subtilsten Klangwunders des Pahud’schen Flötenatems. Meier wählt dabei eine kaleidoskopartig-kluge Vorgehensweise, in der durch den philosophisch-ästhetischen Überbau, Situationsbeschreibungen aus Begegnungen in Konzerten, Meisterkursen, CD-Geschäften, Hinterfragen, Erzählen und schließlich Einspielbeschreibungen ein Sog entsteht, sogleich dieses Erleben nachvollziehen, auch durchleben zu wollen. „Von der Fähigkeit des Menschen, zuhörend sein Schicksal zu begreifen, hängt ab, ob er es wenden kann.“ (Meier)
Im anschließenden fotografischen Abschnitt von Reiner Metzger erhält die faszinierte Leserin des Bandes einen Einblick in Emmanuel Pahuds berufliches und privates Umfeld, in ihn begleitende Persönlichkeiten, Settings, Orte. Ein wenig schaudern lässt der Beginn der Sequenz mit dem Portrait der Künstler-Hand. Eigentlich sind einem solche Bildsequenzen vertraut: Ehrfürchtig steht man oft im Museum vor Hand-Gipsabdrücken vergangener Zeiten. „Dieses Buch erzählt von der Idee, die singuläre Dimension des schweizerisch-französischen Flötisten […] gedanklich und ästhetisch zu spiegeln.“ Ein Denkmal zu Lebzeiten gewissermaßen, das sprach- und bildgewaltig opulent mehr als gelungen ist.
Den letzten großen Abschnitt bildet im vorliegenden Band ein beeindruckend klug geführtes Interview, das die Leserin in den musikästhetischen Diskurs, in Anekdotisches und Philosophisches, in das Werden des Transzendentalen mitnimmt: „Wenn es willkürlich geschieht, ist es keine Musik.“
Hier liegt ein berückend schöner Prachtband vor, der die geneigte Leserin mitnimmt auf die Reise zum Mittelpunkt des Flötenuniversums. Auch wenn einem Printmedium kein musikalischer Klang zu entlocken ist, so ist es doch die Sehnsucht danach!
Christina Humenberger