Franz Schubert
Ouvertüre zum Melodram „Die Zauberharfe“ D 644/ Sinfonie Nr. 8 C-Dur D 944 „Große Sinfonie C-Dur“
Kammerorchester Basel, Ltg. Heinz Holliger
Heinz Holliger und das Kammerorchester Basel, das hier so weit als möglich auf „period instruments“ musiziert, setzen an zu einer Gesamtaufnahme der Schubert-Symphonien. Der großen C-Dur-Symphonie (1825/26) vorangestellt ist die Ouvertüre zur Zauberharfe, vormals auch als Rosamunde-Ouvertüre aufgeführt. Die Zauberharfe, das elfte von 21 Bühnenwerken Schuberts, entstand als „Zauberspiel in drei Akten“ für das Theater an der Wien und die damals modernste Bühnentechnik von Alfred Roller auf ein Libretto Georg von Hofmanns.
Dieses Rührstück mittelalterlicher Ritter- und Geisterromantik knüpft mit der Teilung in Gut und Böse samt drei Prüfungen an Mozarts bzw. Schikaneders Zauberflöte an, die Musik (zumindest) der Ouvertüre jedoch an Rossini. Das Zauberspiel erlebte 1820 acht Aufführungen. Die gesprochenen Dialoge sind verschollen. Erhalten blieben immerhin mehr als 100 Minuten Musik, darunter sechs längere Melodrame, die Schuberts musikalisch-dramaturgischen Zugriff auf das Stück zeigen.
Holligers Sicht auf Schuberts letzte vollendete Symphonie ist es wert, gehört und wahrgenommen zu werden. Er fasst Schubert als Klassiker auf, entwickelt alle Sätze aus einem einzigen Tempo, das mit dem alla breve der Einleitung vorgegeben ist. Darmsaiten und mittlere Streicherbesetzung (8-7-5-5-3) ermöglichen eine strukturbetonte Transparenz, bei der die Tendenz zur satzübergreifenden Monothematik hervortritt: „Bei Schubert erscheinen die gleichen Melodien ähnlich wie Bühnenfiguren in ständig wechselnder Beleuchtung und vielfältigen Schattierungen“, so Holliger im Booklet. Man hört eine bläser- und rhythmusbetonte Lesart, kurze Phrasen, harte Akzente und dramaturgische Schnitte – ewiges Pulsieren, Wandern, auch Marschieren. Schuberts Modernität, das vermittelt die Aufnahme, liegt nicht im romantischen Schweifen, sondern im nirgendwo Ankommen, einem bisweilen abgründigen Zwielicht.
Am Blühenden sowie an Übergängen scheint Holliger nicht interessiert. Klangverliebt ist diese Einspielung aus dem Landgasthof Riehen (November 2017) auch nicht. Die abrupten dynamischen Wechsel wirken bisweilen fast so, als hätte die trockene und sehr direkte Tontechnik mit dem Pegel nachgeholfen. Die Betonung der Eins wird vielleicht ein wenig zu starr oder gleichbleibend praktiziert; ein warmer Orchesterklang, eine harmonische Balance Bläser/Streicher, stellt sich kaum ein. Gleichwohl ist eine charakteristische Aufnahme entstanden, deren herbe Strenge und Kompromisslosigkeit Substanz hat. An der Sättigung und Räumlichkeit des Klangs indes wäre noch zu arbeiten.
Felix Walter